Dienstag, 19. Juli 2016

Mein Geburtsbericht Teil II

Was ich nun schreibe, ist für mich mit vielen intensiven Gefühlen verbunden. Ich stelle ohne Beschönigung dar, woran ich mich erinnern kann und was ich während der Geburt gefühlt habe. Vorweg möchte ich sagen, dass ich heute sehr dankbar bin für dieses Erlebnis. Trotz der gewaltigen körperlichen Empfindungen und der vielen Momente, in denen ich persönliche Grenzen überwinden musste, war es eine gute Erfahrung. Ein Trauma nimmt wohl jede Frau auf die ein oder andere Art aus ihrer ersten Geburt mit. Aber während ich das hier schreibe, überwiegt das Gefühl des Stolzes und des Friedens, nicht der Verzweiflung, die ich währenddessen oft gespürt habe. Denen, die sich durch meine Schilderungen fragen, ob sie diese Gefühle aushalten können, möchte ich Mut machen. Wenn ich das geschafft habe, kannst du das auch. Es ist unglaublich, was Frau schaffen kann, wenn sie muss. Und vielleicht empfindest du deine Geburt gar nicht als so heftig wie ich. Das hier ist ein individuelles, subjektives Erlebnis. Heute denke ich oft: Ich habe diese Geburt geschafft, was soll da noch kommen und mich umhauen?
 
Zurück im Geburtshaus....
 
...Mein Mann findet es schwer, meine Schmerzen zu sehen, sie aber nicht lindern zu können. Ich denke, dass ich jetzt gerne eine PDA hätte, wenn ich im Krankenhaus wäre. Bereue schon, im Geburtshaus zu sein. Hinter meinem Rücken -das erzählt er mir erst Tage danach- spricht mein Mann die Hebamme auf meine Schmerzen an. Sie sagt:" Ja, das tut ihr jetzt schon sehr weh." Und: "Das ist noch gar nichts. Wir sind erst ganz am Anfang." Wie gut, dass ich nichts von diesem Gespräch mitbekommen habe.... Um 11 Uhr wechseln die Hebammen. Dies ist der einzige Wechsel, den ich mitmachen muss. Die neue Hebamme kenne und mag ich auch. Nach einer langen Zeit untersucht mich die Hebamme und hat schlechte Nachrichten: Der Muttermund ist erst 3cm geöffnet. Für mich bricht in diesem Moment die Welt zusammen. Ich kann nicht mehr und hatte gehofft, es geht bald dem Ende entgegen.

Unglaublich, die Schmerzen waren so intensiv und ich weiß schon nicht mehr, wie sie sich angefühlt haben. Das einzige, was mir als Assoziation noch zu den Schmerzen einfällt, ist "krampfartig". Wie starker Brechreiz im Uterus. Und die Schmerzen strahlen aus, mittlerweile reichen sie vom Kreuz bis in die Knie. In den nächsten Stunden probiere ich alles mögliche aus: Vierfüßlerstand, Seitenlange usw. Das ganze soll meinen Muttermund öffnen, den Prozess vorantreiben. Ich aber tue es nur aus einem einzigen Grund: Ich will die Schmerzen lindern. Ich denke auch nicht an mein Kind. Ich denke nur an die Schmerzen und daran, dass ich sie loswerden will. Ich will das Kind nicht, nicht mehr schwanger sein, nicht mehr gebären. Ich will einfach nur raus aus dieser Situation. Aber das geht nicht. Ich fühle mich verraten vom eigenen Körper. Wie kann er mir diese Schmerzen zumuten! In der Schwangerschaft hat er für mich gearbeitet, mich entspannt und mit positiven Gedanken weichgespült. Nun arbeitet er gegen mich, nur noch für das Baby. Ich zweifle auch an meinem Verstand: Wie konnte ich glauben, das ohne Schmerzmittel oder überhaupt zu schaffen? Nie wieder will ich das durchmachen, nie wieder (Zur Beruhigung: Mittlerweile denke ich schon an ein zweites Kind...).
 
Meine Schmerzen sind mittlerweile sehr groß. Noch schlimmer als die Schmerzen empfinde ich aber meine Kraftlosigkeit. Ich kann nicht richtig mitarbeiten, weil ich zu schlapp bin. Die durchgrübelten Nächte und meine Grippe machen sich wieder bemerkbar. Ich möchte aufgeben, am liebsten einen Kaiserschnitt haben. Soll das doch jemand anders für mich beenden. Ich traue mir nicht zu, das selbst zu schaffen. Das denke ich, aber ich spreche es nicht aus. Habe Angst davor, zusammenzubrechen, zu heulen und dann noch mehr Energie zu verlieren, es dann erst recht nicht mehr zu schaffen. Also schalte ich irgendwo einen Schalter um und atme nur noch von Wehe zu Wehe. In diesen Momenten hilft mir sehr, dass ich Yoga und Achtsamkeit praktiziert habe in den letzten Jahren. Ich konzentriere mich nur auf den Moment. Ich denke, wenn es wirklich kritisch wird, werden die Hebammen mir das schon sagen. Doch niemand sagt etwas. Alle bleiben ruhig. Die Herztöne sind super, es geht weiter im Prozess, wenn auch langsam.

Irgendwann scheucht mich meine Hebamme vom Bett hoch, wo ich mich schon länger versuche auszuruhen. Ich muss auf ihre Anweisung hin breitbeinig durchs Geburtshaus laufen und mich mit den Wehen in die Hocke fallen lassen. Das ist meine persönliche Horror-Stunde. Ich könnte sie umbringen. Meinen Mann schickt sie raus. Wieder sage ich nichts, lasse es geschehen, vertraue auf ihre Erfahrung und bin merkwürdig tapfer. Nach dieser Stunde zittern mir die Knie, ich möchte mich zusammenkringeln und wimmern. Meine Hebamme hat allerdings gute Nachrichten: Durch ihr Programm ist der Muttermund nun auf 8cm geweitet. Ich verzeihe ihr sofort alles. Ich selbst hätte mich weiterhin geschont. Wer weiß, wie lange es dann noch gedauert hätte. 5cm in einer Stunde. Ich bin begeistert und schöpfe neuen Mut.

Mittlerweile muss ich dauernd auf Toilette, der Druck ist schon recht groß. Den Schmerz kann ich aber immer noch nicht zulassen. Großes Problem für mich: ZULASSEN, dass etwas Unangenehmes mit mir geschieht und ich es nicht kontrollieren kann. Niemand kann mir das abnehmen oder mit beibringen, es zu ertragen. Ich habe keine andere Wahl, ich muss jetzt über mich hinaus wachsen.

Dann kommen Wehen, die den Übergang einleiten -heftige Wehen. Ich habe Sodbrennen, auch das noch. Keine Fruchtgetränke oder Früchte während der Geburt! Jedenfalls nicht für mich. Das Problem ist nun, dass ich unten öffnen und loslassen soll, während ich durch das Sodbrennen oben dauernd "zumachen" und halten muss. Irgendwann halte ich es nicht mehr aus und stecke mir den Finger in den Hals. So heftig habe ich mich noch nie übergeben. Danach allerdings geht es besser. Die Wehen kommen stärker und werden effektiver. Was danach geschieht, weiß ich nicht mehr genau. Habe ich mich noch mal ausgeruht oder auf dem Geburtshocker gesessen? Alles verschiebt sich in der Erinnerung, wird ungenau. Zeit spüre ich während des gesamten Prozesses gar nicht.

Das nächste, an das ich mich erinnere, ist, dass meine Hebamme mir mitteilt, der Muttermund sei nun bis auf einen Saum geöffnet. Wie schön! Als sie diesen Saum zurückschiebt, beginnt die Ausleitungsphase. Die Wehen verändern sich erneut und der Schmerz auch. Ich will drücken, nein, ich MUSS. Begleitet von einer Art Urschrei, über den ich mich sehr wundere -wo kommt der her? Völlig unkontrolliert und fremd!- muss ich nach jeder Wehe automatisch nach unten drücken, ob ich will oder nicht. Erst traue ich mich nicht, aktiv mit zuschieben. Habe Angst vor dem, was nun kommt, vor neuen Schmerzen. Die Wehen kommen leider nur noch alle 4 Minuten. Der Kopf rutscht einen cm nach unten im Geburtskanal und einen cm wieder zurück. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich zulassen kann, "es" durch mich hindurch zu schieben. Ich glaube, ich spüre irgendwann die Ungeduld der Hebammen (in der letzten Phase ist noch eine zweite Hebamme dazu gekommen), vielleicht auch den Anflug einer Sorge, ob ich es noch schaffe. Dann spüre ich ihn. Mein Kind stößt sich in mir ab, will raus. Ich frage mich besorgt, ob es nicht doch zu lang für ihn dauert. Die Hebammen fordern mich auf, das Köpfchen zu fühlen, das schon recht weit unten sei. Erst will ich nicht. Dann tue ich es doch und spüre das glitschige, weiche Etwas in mir drin. Vor Erleichterung muss ich schluchzen. Ich weiß, bald ist es wirklich geschafft und ich bin erlöst. Der Wunsch, es zu Ende zu bringen und die Sorge um mein Baby bringen die entscheidende Wende. Ich schiebe nun aktiv mit.

Die allerletzte Hürde ist wieder schwierig für mich. Starkes Brennen und die Angst zu zerreißen. Aber nun gibt es kein Zurück mehr. Ich sammle bei jeder Wehe ein bisschen mehr Mut. Aber dieses "Sammeln" brauche ich. Ich sitze mittlerweile auf einem Geburtshocker. Irgendwie ist der unbequem. Sie bringen mir einen größeren. Dann geht plötzlich alles sehr schnell. Beim Wechsel auf den größeren Hocker -ich muss dafür aufstehen- übermannt mich eine sehr heftige Wehe. Ich lasse mich nach unten fallen, mein Mann fängt mich auf und setzt mich schnell zusammen mit den Hebammen auf den neuen Hocker. Noch in dieser Wehe tritt der Kopf durch -GROßE ERLEICHTERUNG!!!- und schon flutscht auch der Rest des Körpers mit. Es ist geschafft. Es ist geschafft. Oh mein Gott, endlich ist es geschafft. Mehr als dieses Gefühl gibt es gerade nicht in meinem Körper.Wir haben 19:21 Uhr. Fast genau 24 Stunden nach dem Blasensprung. Das Baby haben die Hebammen aufgefangen. Sie saugen seine Atemwege vom Fruchtwasser frei. Ich blicke kurz auf diesen roten, nassen Körper. Er sieht nicht erschreckend für mich aus, aber fremdartig. Der Kopf ist seltsam in die Länge gezogen durch den Geburtskanal. Ich finde es fremd, was ich da sehe. Aber es lebt. Mehr interessiert mich erst mal nicht. Jede Faser meines Körpers ist erschöpft.
 
Sie legen mich aufs Bett, das schreiende Baby auf meine Brust. Ein kleiner, nackter, warmer Frosch liegt auf meinem müden Körper. Sofort empfinde ich Zärtlichkeit für ihn. Ich erinnere mich an einen Geburtsbericht aus dem Vorbereitungskurs und daran, was die Frau nach der Geburt zu ihrem Baby gesagt hat. Ich weiß nicht genau, warum -vielleicht bin ich zu k.o. um eigene Worte zu finden oder ich empfinde in dem Moment das gleiche wie sie- jedenfalls wiederhole ich einfach ihre Worte:" Das war anstrengend, nicht wahr?! War DAS anstrengend!" Eine lange Weile liege ich mit meinem Mann und dem schreienden Baby im Bett. Ich weiß nicht, wie lange. Irgendwann ist die Nabelschnur auspulsiert. Es war uns wichtig, dass die Plazenta ihre Arbeit von alleine aufgeben darf und die Nabelschnur nicht vorzeitig durchtrennt wird. Die Nachgeburt rutscht mit einer leichten Wehe von alleine aus meinem Körper heraus. Erst dann trennt mein Mann die Verbindung zwischen meinem und dem Körper des Kindes durch. Schade, denke ich. Aber für richtige Wehmut bin ich zu müde.
Mein Sohn wird gewogen und gemessen während mich die Hebamme untersucht. Ich jammere bei jeder Berührung. Sie stellt fest, dass ich keinerlei Verletzungen habe. Bin ich froh! So froh! Vor einem Dammriss hatte ich die meiste Angst. Später sagt sie, dass mein Körper genau die Zeit hatte, die er brauchte, um sich dem Kind entsprechend zu dehnen.
 
Irgendwann lassen die Hebammen uns alleine, mein Mann geht telefonieren und die gute Nachricht verkünden. Ich bin das erste Mal allein mit meinem Neugeborenen. Es schreit und schreit und schreit. Ein Impuls in mir will ihn beruhigen. Aber ich bin sehr erschöpft. Was noch gerade so geht, ist singen. Also singe ich leise und müde ein Mantra aus dem Kundalini Yoga, das ich in den letzten Wochen täglich unter der Dusche geträllert habe. Adi Shakti, adi shakti, adi shakti, namo namo.... Und da passiert es. Mein Sohn hört schlagartig auf zu schreien. Seine Gesichtszüge entspannen sich, seine Augen öffnen sich. Er hebt das kleine Köpfchen und blickt mir tief in die Augen. Große, schwarze, wunderschöne Äuglein blicken mich im Dämmerlicht des Zimmers an. Ein magischer Moment. Ein ruhiger Moment nach all dieser Anstrengung. Ja, gefühlt bleibt die Zeit stehen. Er erkennt vielleicht die Melodie, vielleicht meine Stimme, und sieht zum ersten Mal mein Gesicht. Ich bin so erschöpft, dass mir leider währenddessen immer wieder die Augen zufallen. Aber ich bin sehr, sehr dankbar für diesen ersten gemeinsamen Moment.
 
Nach zwei Stunden fahren wir nach Hause und es beginnt ein neuer Abschnitt meines Lebens.



Sonntag, 17. Juli 2016

Mein Geburtsbericht Teil I

Auf die Bitte einer Freundin hin habe ich beschlossen, die Erinnerungen an meine Geburt zu teilen. Ich habe mich für eine natürliche Geburt im Geburtshaus entschieden. Sie ist gut verlaufen. Dennoch wird auch mein Bericht nicht ohne die Schilderung von Schmerzen und Unangenehmem auskommen. Das vorab. Ich möchte aber unbedingt betonen, dass ich fest davon überzeugt bin, dass sich das Geburtserleben für jede Frau anders anfühlt. Nur weil ich Schmerzen hatte, muss das bei dir nicht genau so sein. Nur weil meine Geburt lange gedauert hat, muss sie das bei dir nicht auch. Du kannst eine kurze Geburt haben, die von erträglichen Schmerzen begleitet wird oder vielleicht sogar ohne Schmerzen auskommt, wer weiß. Wenn du dich dafür interessierst, wie ich meine Geburt ohne Ärzte und Medikamente erlebt habe, dann bist du herzlich eingeladen, weiter zu lesen. Vielleicht macht es dir Mut, es selbst auch außerhalb des Krankenhauses zu versuchen.

Ich tippe ab, was ich im Wochenbett ins Tagebuch geschrieben habe und ergänze, woran ich mich noch erinnern kann:

Die letzten Tage waren der Wahnsinn. Mein kleiner Junge ist zur Welt gekommen. Nein, das klingt so passiv. ICH habe ihn zur Welt GEBRACHT. Zwei Tage vorher habe ich mich endgültig fürs Geburtshaus als Entbindungsort entschieden. Richtig wohl war mir trotzdem nicht bei der Sache.
Die letzten Tage vor der Geburt war ich schlecht gelaunt. Auch sehr sensibel gegenüber der Außenwelt, fühlte mich nicht wohl mit anderen Menschen und war dünnhäutig. Also recht ähnlich wie kurz vor meiner Periode.

In der Nacht vor Geburtsbeginn hatte ich einen wundervollen Traum: In meinem Bauch war kein Fruchtwasser mehr, so dass ich alle Körperteile meines Babys fühlen und betasten konnte. Es war so, als hielte ich es schon im Arm. Es reagierte auch auf meine Hände und drehte sich je nach Berührung, war sehr lebendig. Ich konnte sogar seine Stimme hören, seine Laute und auch sein Lachen. Am schönsten: Ich konnte sehen, wie es lächelte -glücklich, vorfreudig kam es mir vor. Zuerst habe ich dem Traum kaum Bedeutung beigemessen. Später hatte ich das Gefühl, dass mein Kleiner sich darüber ankündigen wollte.

Am nächsten Morgen stritt ich heftig mit meinem Mann, wieso er noch kein Babybett besorgt hätte, ich bräuchte unbedingt eins und bestünde darauf. Keine Ahnung, wieso mir das plötzlich so wichtig war. Eigentlich hatten wir uns gegen ein Babybett entschieden.
Nach dem Duschen meinte ich plötzlich, mir unbedingt die Zehennägel schneiden zu müssen. Sehr schwierig mit Babybauch. Am liebsten hätte ich mich auch noch rasiert. Das stellte sich als unmöglich dar, was mich ein bisschen frustrierte.
Mittags holte ich etwas Schlaf nach, die letzte Nacht war -abgesehen von meinem Traum- sehr unruhig gewesen. Grübeleien darüber, was ich noch alles zu erledigen hatte, hatten mich wach gehalten. Getrieben von innerer Unruhe hängte ich mittags endlich das Mobilee auf, das wir schon vor Monaten gekauft hatten. Ich sortierte die Briefablage und beglich alle offenen Rechnungen. Ich machte meine Geburtsvorbereitungen (Damm-Massage und Himbeerblätter-Dampfbad). Kurzum: Ich hatte das Bedürfnis Ordnung zu schaffen, mich vorzubereiten. Ich wurde "nestig".

Nachmittags kam mein Mann ein paar Stunden früher von der Arbeit, hatte sich frei genommen wegen unseres Streits am Morgen. Er wolle nun das Babybett mit mir kaufen. Das wollte ich nun wieder nicht, hatte so ein Gefühl, dass ich lieber zu Hause bleiben sollte. Er überzeugte mich schließlich und ich wollte ja auch dieses Bett! Also fuhren wir in ein Möbelhaus und suchten nach dem passenden Bett. Ich konnte mich für nichts entscheiden, nichts war so wie ich es wollte. Außerdem wollte ich lieber wieder zurück. Auf dem Rückweg hatte ich ein leichtes Ziehen im Bauch.

Als wir endlich in unserem überfüllten Wohnviertel einen Parkplatz fanden und mein Mann die Handbremse zog, platzte die Blase. Ich spüre, wie warmes Wasser an mir runter sprudelt und sage ganz ruhig:"Gerade ist meine Fruchtblase geplatzt." Mein Mann glaubt mir zuerst nicht, denkt ich scherze. Ich sage:"Doch, im Ernst, sie ist geplatzt." Er hilft mir aus dem Auto und wir gehen in die Wohnung. Dort kann er sich davon üverzeugen, dass ich nicht scherze. Meine Hose ist nass.
Ich ziehe mich um und wir legen uns ins Bett. Mein Mann ruft beim Geburtshaus an und erfährt, dass meine Lieblingshebamme Dienst hat. Das sehe ich als Zeichen, wirklich dorthin zu fahren und nicht in das Krankenhaus, in dem wir uns angemeldet haben.

Meine Hebamme kommt, stellt den Blasensprung fest und ertastet, dass der Muttermund bereits 1cm geöffnet ist. Ich muss auch schon Wehen beatmen, die aber noch unregelmäßig kommen. Die Hebamme gibt mir Tipps fürs Atmen. Ich soll mir vorstellen, weit übers Meer zu atmen. Wir verabreden, ab jetzt von Wellen zu sprechen, nicht von Wehen. Ich soll mich noch entspannen, am besten schlafen, gut essen und trinken. Schlafen fällt schwer, ich bin zu konzentriert auf das Geschehen und aufgeregt. Ich mache tiefe Bauchatmung aus einem Buch über Hypno Birthing - blase den Bauch auf wie einen Ballon, wenn die Wehe kommt und atme dann lange und tief aus. Beim Einatmen hilft mir diese Technik sehr, beim Ausatmen nicht. Denn: Beim Ausatmen muss ich den Schmerz zulassen und akzeptieren. Und das gefällt mir nicht. Die Wehen sind nun etwas stärker als Periodenschmerzen -schon recht stark, aber ich kann das noch ertragen.
Ich merke, dass Husten Wehen auslöst. Bin noch angeschlagen von meiner letzten Grippe. Ärgert mich, noch nicht wieder richtig fit zu sein.

Morgens um 5 Uhr rum merken wir, dass die Wegen regelmäßig kommen, ca. alle 5 Minuten. Ich finde sie schon so stark, dass ich ins GH fahren will. Mein Mann schafft mich ins Auto. Er findet GH nicht auf Anhieb, hat sich verfahren. Ich muss mich schon sehr konzentrieren beim Beatmen.
Angekommen im GH, hat die Hebamme schon alles hergerichtet für uns: Kerzen, Aromalampen, schummriges Licht. Alles ist ganz wundervoll heimelig, genau so wie ich es mir wünsche und jetzt auch dringend brauche: Nestgefühl, Höhlengefühl. Wunderbar. Den Raum kenne ich schon aus den Vorgesprächen. Nichts hier ängstigt mich. Keine Apparate, keine klinisch weißen Möbel. Es könnte mein Wohnzimmer sein. Die Hebamme ist ebenfalls sehr entspannt, ihre Stimme so sanft und immer huschen Lachfältchen über ihr Gesicht. Sie freut sich, während ich mich ängstige. Das nimmt mir etwas die Anspannung über das Geschehen.

Meine Wehen nehmen trotzdem erst mal ab. Das sei normal, sagt sie, wegen des Ortswechsels. Wir sollen erst mal ankommen. Wir legen uns in das große Bett unter die Decke. Sie lässt uns alleine und in Ruhe am neuen Ort ankommen. Mein Mann liegt hinter mir, ich halte seine Hand. Wir wissen beide nicht, was da nun alles auf uns zukommt und sind beide nervös. Er versucht, der Starke für uns beide zu sein. Dafür bin ich ihm dankbar, denn ich kann es nun wirklich nicht. Schon jetzt merke ich: Die Atmung reicht nicht, um die Schmerzspitzen erträglich zu machen. Ich suche intuitiv nach einer weiteren Entlastungshandlung. Mal will ich Händchen halten, mal stoße ich seine Hand weg. Letztlich hilft es mir, während der Spitzen einen Arm auf und ab zu bewegen, wie ein Schmetterling. Muss lustig ausgesehen haben, aber es half mir durch diese Phase der Wehen hindurch.

Als die Hebamme das nächste Mal kommt, will ich in die Wanne. Die Schmerzen haben zugenommen. Im Nebenraum, der noch höhlenartiger ausschaut als das Geburtszimmer, steht eine große rote Wanne. Darüber hängt ein Mobilee mit den verschiedenen Sternzeichen. Das gefiel mir schon bei der ersten Besichtigung gut. Das Licht ist aus, nur Kerzen erhellen den Raum. Lavendelduft liegt in der Luft. Ich kann jederzeit in die Wanne steigen, wann immer mir während des Geburtsprozesses danach ist. Meine Musik wird aufgelegt: Mantren aus dem Kundalini Yoga. Das warme Wasser entspannt meinen Körper sehr. Das ändert nichts daran, dass die Wehen immer stärker werden und ich jetzt schon denke, dass ich das nicht mehr lange aushalte. Egal, wie ich mich in der Wanne positioniere, es tut einfach nur sch...weh. Hier stelle ich auch fest, wie müde ich bin. Das ganze Entspannen hilft nicht gegen diese Kraftlosigkeit. Ich scheine keine neue Energie zu tanken, sondern permanent welche zu verlieren. Wie soll ich das mit so wenig Power durchstehen? Mittlerweile haben wir 10 Uhr morgens. Mehr als 12 Stunden seit dem Blasensprung sind bereits vergangen...

Mittwoch, 6. Juli 2016

Baby ist da!

Mein Gott, ist das lange her, dass ich hier geschrieben habe. Aber wie sollte es auch anders sein! Gerade schläft  mein bald vier Monate altes Baby im Nebenraum. Nach einer Stunde Geknatsche habe ich es endlich geschafft, ihn einzuschlummern. Sein Körbchen wippt sanft auf und ab, drei große Vogelfedern über ihm bewegen sich im Rhythmus mit. Die Tür zum Arbeitszimmer lasse ich offen, damit ich schnell da bin, wenn er aus dem Schlaf aufschreckt. Manchmal träumt er schlecht.

Ja, ich bin Mama geworden. Und es fühlt sich bereits so an, als wäre es nie anders gewesen. Am 18. März habe ich zwei Wochen vor dem errechneten Termin einen kleinen Jungen zur Welt gebracht. Nach 24 Stunden Wehen und davon 12 Stunden im Geburtshaus habe ich ihn auf einem Geburtshocker geboren. Anstrengend war das ganze, ohja. Intensiv und schmerzhaft und zum aus der Haut fahren. Aber rückblickend auch sehr besonders. Ohne Schmerzmittel konnte ich fühlen, wie der Kleine mitgearbeitet hat. Wie ein Frosch hat er sich in mir abgestoßen um nach unten zu gelangen. Und als er da war... Nur geschrien hat er. Bis endlich einmal alle aus dem Zimmer waren. Voller Erschöpfung, aber auch voller Glückshormone habe ich leise begonnen zu singen, ein Mantra aus dem Kundalini Yoga. Da wurde er plötzlich ganz ruhig und hat mich angesehen, mit großen schwarzen Augen... Aber über dieses Erlebnis will ich jetzt nicht schreiben. Ich möchte ihm einen eigenen Post widmen, wenn ich die Zeit finde.

Die ersten Tage mit ihm waren heftig. Wunderschön, weil ich noch nie so glücklich war. Wir konnten sofort nach der Geburt nach Hause fahren. Es gab weder Komplikationen noch hatte ich Verletzungen. Alles war gut, nur war ich furchtbar erschöpft. Aber mit ihm in meinen Armen fühlte ich mich wie frisch verliebt. Mein Mann empfand genau so. Alles war einfach wundervoll und perfekt. Ich habe noch nie eine so starke Liebe empfunden. Andererseits kündigten sich schon bald Wolken am Horizont an: Der kleine Mann hatte Gelbsucht und verlor immer mehr an Gewicht. Und er war schon sehr zart zur Welt gekommen. Mit dem Stillen klappte es auch nicht. Ich fühlte mich hundsmiserabel, als würde ich in der wichtigsten Sache der Welt versagen. Der Kleine musste ins Krankenhaus zur Überwachung, weil er so lethargisch sei und so dünn. Eventuell habe er einen Infekt. Ich hatte einen Blasensprung gehabt, da ist die Infektionsgefahr recht hoch. Das war am vierten Tag nach der Geburt, der Tag, an dem die Schwangerschaftshormone stark abfallen. Für mich war alles ganz furchtbar, ich habe nur geheult. Babyblues. Mein Baby, das ich nach so vielen Stunden harter Arbeit endlich zur Welt gebracht hatte, konnte ich nicht davor bewahren, krank zu werden. Und dann konnte ich es noch nicht einmal richtig stillen. Immer wieder hielt ich ihn im Arm, Haut an Haut, um ihm wenigstens die Geborgenheit und Nähe zu geben, die er aus meinem Bauch kannte. Nachts starrte ich auf die Schläuche und Kanülen, an die er angeschlossen war. Das Piepen der Maschine neben seinem Bettchen tönt mir bis heute in den Ohren. Zuhause schlief er mit mir im Bett, dicht an mich gekuschelt. Hier war er so weit entfernt und ich konnte ihn nicht zu mir nehmen.

Um es kurz zu machen: Er wurde gesund wieder entlassen. Auch das Stillen regelte sich nach einiger Zeit von selbst. Meinen Still-Erfahrungen werde ich auch einen eigenen Post widmen, weil ich es so wichtig finde. Jedenfalls stabilisierte sich unsere Situation ungefähr 2-3 Wochen nach der Geburt, so dass ich nicht mehr um sein Gewicht und seine Gesundheit bangen musste.

Je wacher er wurde, desto öfter musste ich entscheiden, wie ich mit seinen Bedürfnissen umgehen wollte. Dass ich ihn viel tragen will, wusste ich. Das wurde mir bereits vor der Geburt von Hebamme und Bekannten ans Herz gelegt. Auch, dass ich ihn gerne abhalten wollte, hatte ich mir in den Kopf gesetzt (dazu ein anderes Mal mehr). Für alle anderen Dinge musste ich spontan eine Antwort finden. Ich entschied mich irgendwann, einfach auf meine Intuition zu hören. Das hatte in der Schwangerschaft gut geklappt, also warum nicht auch jetzt. Also stillte ich ihn, wann immer ich seine Zeichen für Hunger erkannte, ließ ich ihn nie schreien, versuchte seine Bedürfnisse intuitiv zu erahnen, schlief mit ihm in einem Bett und trug ihn herum, wann immer mir oder ihm danach zumute war. Mir war es nicht egal, das andere (vornehmlich die Generation meiner Großeltern und Eltern) mir von vielem dieser Dinge abrieten. Aber es fühlte sich einfach richtig und am praktischsten an, was ich tat. Mittlerweile weiß ich, dass das, was ich mache, Merkmale einer bestimmten Erziehungsbewegung sind, dem Attachment Parenting. Das hatte ich nicht auf dem Schirm. Es hat sich einfach so entwickelt, weil ich getan habe, was sich in dem jeweiligen Moment richtig angefühlt hat. Geleitet haben mich dabei einzig und alleine die Gefühle zu meinem Sohn. Wenn er geschrien oder geweint hat, habe ich mitgeweint. Diese Schmerzen wollte ich nicht fühlen und ihm ersparen. Zu meinen Erfahrung mit diesem Erziehungsstil will ich gesondert mehr schreiben.

Nun sind schon mehrere Monate vergangen und ich habe so viel gelernt. Fühlte ich mich anfangs noch sehr unsicher und brauchte in jeder Frage den Rat meiner Hebamme, komme ich mittlerweile gut alleine zurecht. Wir verstehen uns sehr gut, der kleine Frosch und ich. Ich kenne seine Sprache. Ich weiß immer besser, wann er welches Bedürfnis hat und wie ich es am besten stillen kann. Sicherheit, Vertrauen und Gelassenheit machen sich breit in meinem Leben als Mama. Das hilft mir, die vielen Phasen durchzustehen, in denen plötzlich alles wieder anders ist, sich seine Bedürfnisse ändern und ich schön blöd aussehe mit gerade etablierten Gewohnheiten.

Momentan ist "Reden" sein Ding. Er unterhält sich mit mir in seiner Brabbel- und- Kräh- Sprache. Freut sich wie verrückt, wenn ich ihm antworte. Ganz besonders mag er es, wenn ich singe. Dabei merke ich, wie wenig Kinderlieder ich noch kenne. Und wie viel weniger ich überhaupt mag. Ich möchte Lieder für ihn finden, die ihm von der Welt erzählen, die ich ihm zeigen will und die ich liebe. Lieder von der Natur und von der Magie in ihr. Wo sind diese Lieder und Reime, Fingerspiele und Gutenacht-Rituale? Ich bin auf der Suche nach ihnen und werde auch davon gesondert berichten.

Ebenfalls mache ich mir Gedanken darüber, ob ich ihn taufen lassen soll oder nicht. Wie ich ihm meine spirituellen Vorstellungen vermitteln und wie ich nach außen damit umgehen soll. Alles Fragen, die mich momentan umtreiben und die ich in seinem ersten Lebensjahr klären will.

Es ist ein riesen großes Abenteuer, diese Mutterschaft. Wie in der Schwangerschaft, habe ich ein tiefes Gefühl des Angekommensein. Ähnlich wie damals, als ich das erste Mal von Naturreligionen hörte. Also, auch wenn ihr nichts von mir hört, mir geht es sehr, sehr gut.  Ich lebe und genieße das Leben gerade sehr. So soll das sein!



Freitag, 15. Januar 2016

Baby-Blase

Seit ich schwanger bin, lebe ich in einer Art Blase. Der Baby-Blase. Zum einen meine ich damit, dass sich mein Leben schon sehr auf die Zukunft mit Baby einstellt. Mein Alltag besteht aus Arbeiten und mich auf das Kind vorbereiten. Aber nicht in einer Art hektischen Panik, sondern in einem gemütlichen sich Herantasten an das Neue, Unbekannte. Das meine ich durchaus positiv. Nach den ersten unsicheren Monaten fing das mit viel Drüber-Reden und etwas Lektüre an. Mittlerweile im achten Monat angekommen, gebe ich dem Nestbautrieb nach und besorge nach und nach alles, was ein Leben mit Neugeborenem erfordert. Das macht Spaß und scheint ein ganz natürlicher Prozess zu sein, sich auf das Kommende einzustellen.

Zum anderen meine ich mit der Baby-Blase, dass ich seit der Schwangerschaft das angenehme Gefühl habe, nicht mehr "Herr im eigenen Haus" zu sein. Mein Kopf hat sich wie mir scheint einer höheren Macht unterworfen: meinem Körper und der Biologie. Seit ich schwanger bin, fühle ich mich seltsam entspannt und beruhigt. Reagiere ich sonst typischerweise auf unbekannte Situationen mit Sorgen, Ängsten und Absicherungsversuchen, bin ich nun erstaunlich gelassen und zuversichtlich. Das bin doch nicht ich! Ich erkenne mich gar nicht wieder. Aber ich fühle mich gut mit diesem neuen Zustand. Ich habe nicht wie sonst den Drang, alles verstehen und analysieren zu müssen. Zwar bin ich neugierig und schaue ab und zu in schlauen Büchern nach, was gerade in meinem Körper passiert. Aber wie genau das alles funktioniert mit der Baby-Versorgung im Mutterleib, was man alles vermeiden oder unbedingt tun sollte, das will ich irgendwie gar nicht wissen. Lange wollte ich auch nichts über die Geburt wissen und hatte gleichzeitig überhaupt keine Ängste, wenn ich daran dachte. Da war nur dieses beruhigende Gefühl, dass das schon alles irgendwie klappen wird. Sehr fremd für mich und gleichzeitig wunderschön.

Es ist auch so, als gäbe es da diese unsichtbare Schranke, die mich von Anfang an begleitet hat. Sie hat mich in den ersten Monaten davon abgehalten, Babykleidung zu kaufen. Obwohl ich immer dachte, dass sei bestimmt das erste, das ich im Fall einer Schwangerschaft tue. Aber Pustekuchen, ich habe jedes Mal ein ganz deutliches Signal von meinem Körper erhalten, wenn ich an Babykleidung vorbeikam: Mir wurde ein bisschen schlecht. Alles in mir sagte: Nein, fühlt sich noch nicht richtig an, warte noch. Nach den ersten Monaten, in denen die Wahrscheinlichkeit für eine Fehlgeburt ja noch am höchsten ist, war das dann kein Problem mehr.

Zum ersten Mal nehme ich die Zeichen meines Körpers und meiner Intuition sehr deutlich wahr. Selbstverständlich hat mir mein Körper auch gezeigt, was er nicht zu sich nehmen darf oder besonders dringend braucht. Abneigung und großer Appetit waren in den ersten Monaten oft meine Begleiter. Wobei mir nie schlecht vom Essen wurde, ich hatte nur diese Schranke, die sagte: Das isst du nicht. Oder: Weg vom Zigarettenrauch. Ich musste kein Buch darüber lesen, ich habe mich einfach auf meinen Instinkt verlassen.

Noch ein Beispiel: Noch bevor ich wusste, dass ich schwanger bin, war ich wandern in der sächsischen Schweiz und in den Pyrenäen. Ich war viel schneller aus der Puste als sonst und laaaangsam. Ich hätte durchaus einen Zahn zulegen und über meine Grenzen gehen können. Aber ich wollte nicht. Wie ein störrischer Esel. Sollten sich die anderen doch meinem Tempo anpassen. Später hat mir meine Hebamme erklärt, dass der Körper anfangs viel Ruhe braucht, um den neuen Stoffwechselkreislauf aufzubauen. Die hat er sich einfach genommen, die Ruhe. Und ich musste gehorchen. Auch jetzt noch setzt er sein Ruhebedürfnis durch. Wenn ich mittags von der Arbeit komme, verbannt er mich aufs Sofa zum Schlafen. Normalerweise hasse ich es, tagsüber zu schlafen. Dafür habe ich zu viel Energie. Aber seit der Schwangerschaft schlafe ich nach dem Mittagessen noch mal wie ein Stein.

Freundinnen, die noch keine Kinder haben, fragen mich oft, ob das nicht total komisch sei, ein Lebewesen in seinem Bauch zu haben. Bevor ich schwanger wurde, habe ich mich das auch oft gefragt. Aber nun fühlt es sich absolut normal an. So, als wäre es immer schon so gewesen. Und in gewisser Weise stimmt das ja auch. Unser Körper ist für die Schwangerschaft ausgelegt. Natürlich nicht darauf reduziert und nicht ausschließlich dafür geschaffen. Aber er hat alles, was es dazu braucht, von Anfang an. Eine unvorstellbar lange Reihe gebärender Frauen liegt hinter mir. Sie reicht zurück bis zu den Anfängen der Menschheit. So scheint es mir gar nicht seltsam, dass mein Körper eine Art "Automatismus" ablaufen lässt. Als hätte er mit der Erfüllung seiner biologischen Bestimmung einen Schalter umgelegt und wüsste nun ganz genau, was zu tun ist. Es scheint beinahe so, als seien diese "anderen Umstände" die normalsten Umstände der Welt für ihn und für mich.

Natürlich kann ich da nur für mich sprechen. Ich weiß, dass viele Frauen mit diversen Beschwerden und Komplikationen zu kämpfen haben während einer Schwangerschaft. Ob man sich da so eins fühlen kann mit seinem Körper, weiß ich nicht. Eigentlich habe ich genau das auch immer bei meiner eigenen Schwangerschaft erwartet. Aber so ist es nicht gekommen und dafür bin ich dankbar. Natürlich habe auch ich hin und wieder Rückenschmerzen, Völlegefühle am Abend, eine nervende Blase und Übungswehen, die unangenehm werden können. Aber das hält sich doch alles sehr im Rahmen des Erträglichen.

Sich so stark von seinem Körper leiten lassen zu können, ist eine der schönsten Überraschungen meines Lebens. Wir sind ein Team, er und ich. Zur Belohnung schenkt er mir diese wohltuende Gelassenheit. Vielleicht auch um mich zu schützen. Denn Stress ist bekanntlich weder für Mutter noch für Kind gut.

Also, liebe Frauen, wir brauchen nicht unbedingt starke Partner an unserer Seite bei einer Schwangerschaft. Wenn wir Glück haben und ihm vertrauen können, haben wir unseren Körper, der uns leitet und ritterlich schützt. Vielen Dank dafür, Mutter Natur!

Donnerstag, 12. November 2015

Samhain Rückblick


Wir haben sechs Uhr in der Frühe. Katze und Mann schlafen noch und ich bin hellwach. Ich liebe es, an einem freien Tag aufzustehen, wenn alle Fenster noch dunkel sind und es ganz still im Haus ist. Dann koche ich mir einen Tee, werfe die Heizung an und tue etwas nur für mich allein. Heute morgen habe ich Lust, euch von meinem Samhain-Wochenende zu erzählen.



Es war das zweite Treffen unserer Jahreskreis-Gruppe. Vier Frauen machten sich auf den Weg. Zwei kamen aus dem Süden und teilten sich einen Besen. Zwei kamen aus dem Norden und teilten sich einen Besen. Sehr praktisch.  Eine jede brachte mit, was sie tragen konnte: Granatäpfel, Kürbisse, Kartoffeln der letzten Feldernte, selbst gemachtes Apfelmus, verschiedenste Teesorten, verschiedenste Tarotsets, Bücher, Kerzen, Walnüsse, Maronen, Apfelwein, heißen Holunder...

Wir trafen uns im Teutoburger Wald an den Externsteinen. Dort hatten wir eine gemütliche Ferienwohnung mit Kamin und Terasse gemietet. Im Badezimmer wartete eine handgroße Seife in Göttinnen-Form mit Weihrauchduft. Ich hatte sie bereits kurz nach unserem ersten Treffen im Mai gekauft. Seitdem wurde sie vorfreudig gehortet bis wir uns wiedersehen würden. Da wir uns immer an verschiedenen Orten treffen werden, kann so ein kleines Maskottchen nicht schaden, dachte ich mir.
Als im Laufe des Abends alle eintrudelten, flackerte ein zaghaftes Feuer im Ofen und eine Begrüßungssuppe köchelte auf dem Herd. Eigentlich hatten wir uns für den Abend ein erstes Ritual vorgenommen. Aber nach der langen Anreise, dem leckeren Essen und einem Schnack bis nach Mitternacht fielen wir alle müde in die Federn.

Am nächsten Morgen machten wir uns bei strahlendem Sonnenschein (Samhain?) auf den Weg zu den Steinen. Am Eingang begrüßten uns Flötenlaute eines Barden, die uns bis hoch auf die Steine begleiteten. Es war recht voll auf den Steinen und wir hatten alle Probleme, die viel beschriebene mystische Atmosphäre des Ortes zu erspüren. Dafür beobachteten wir die ersten Gestalten, die sich mit Schlafsack und Co auf eine späte Feier an den Steinen einrichteten. Jenseits der Besucherströme würden sie mit Sicherheit in Stimmung kommen.
Am Fuße der Felsen fanden wir einen kleinen Gabentisch und freuten uns über Zeichen gleichgesinnte Besucher.


 
Wir nutzten das gute Wetter und gingen im bunten Herbstwald spazieren. Da wir uns so selten sehen, besteht ein großer Anteil unserer Treffen einfach nur aus Gesprächen. Für mich ist das unheimlich wichtig, um eine vertrauensvolle Basis zu schaffen für alles, was in Zukunft kommt. So langsam nähern wir uns aneinander an und werden vertrauter miteinander. Das ist schön.
Im Wald begegnete uns viel Ilex. Eine von uns nahm kurzerhand einen Ableger für ihren Balkon mit. Eine schöne Erinnerung an unser Wochenende. 
 
Wieder zuhause machten wir uns über selbst gebackenen, veganen Kürbiskuchen <3 und Getreidekaffee her. Es kristallisierte sich schon beim ersten Treffen heraus, dass wir eine Schwäche fürs Orakeln haben. War es an Beltane das Tarot, versuchten wir uns diesmal im Lesen von Kaffeesatz. Also, das könnte ich glatt zu meiner Berufung machen, aus seltsamen Formen etwas Sinnhaftes zu deuten. Macht mir ungemein Spaß. Eine von uns hatte sogar ein Wildpferd mit wehender Mähne in ihrer Tasse -wie schön ist das denn bitte? :-) 

Später am Abend bauten wir unseren Ahnentisch auf und schnitzten Laternen. Danach bereiteten wir den Ahnenschmaus zu und tafelten in gemütlicher Atmosphäre. Draußen leuchteten unsere Kürbisse um die Wette und drinnen dekorierten Herbstblätter und Kerzen unseren Tisch. 


Wir kamen ins Gespräch über unsere Großeltern und erfuhren, dass zwei von uns kaum Bezug zu ihren Ahnen haben. Kein Wunder, dass für sie das Samhainfest eine weniger große Rolle spielt. Wir unterhielten uns darüber, was es ausmacht, wenn man seine Vorfahren nicht kennt bzw. was wir von ihnen noch in uns tragen -an Familienkrankheiten und lästigen Verhaltensmustern ;-) Nein, unsere Ahnen wurden natürlich gebührend geehrt und willkommen geheißen, wie es sich für das Totenfest gehört. Am Kopfe des Tisches stand ein Ahnenteller bereit, am anderen Ende wachte Ceridwen über uns.
 


Als alles gegessen und getrunken war, begann der Ritualteil unseres Tages. Ich hatte mir eine Art Gruppengründungsritual gewünscht. Die Idee habe ich von der Besitzerin eines Esoterikladens in meinem Wohnviertel. Wir bildeten einen Sitzkreis im Wohnzimmer. Hinter uns flackerte das Feuer im Kamin. In unserer Mitte stand ein Kerzenhalter aus fünf Frauen, die sich die Hände reichen. Um sie herum leuchteten Kerzen und Herbstfrüchte. Jede von uns brachte ein Band mit, das ihre bisherige Lebensreise verkörpern sollte. Die Bänder legten wir vor uns aus, bis sie sich in der Kreismitte trafen. Nun erzählten wir uns von unseren jeweiligen Lebensphasen: Kindheit, Jugend, Ausbildung etc. Manche hatte Fotos und Erinnerungsstücke mitgebracht, die gezeigt werden konnten. Andere erzählten frei ohne Mitbringsel. Nach und nach entstand ein bunter Teppich aus Erinnerungen und Erfahrungen, die miteinander verglichen und zusammen durchlebt werden konnten. Jede erzählte nur, was sie preisgeben wollte. Aber das war schon eine ganze Menge. Schmerzhaftes und Schönes, Trauriges und Lustiges wurde aus unserer Vergangenheit in die Gegenwart geholt. Vor allem, wenn nicht nur preisgegeben wird, was gut und glatt lief im Leben, fühle ich mich vertrauter mit meinen Mitmenschen und sie gewinnen an Persönlcihkeit für mich. Ich jedenfalls fühlte mich nach diesem Ritual der Gruppe deutlich näher als vorher. 

Eigentlich wollten wir noch eine schamanische Reise zu unseren Ahnen machen. Nach unserem Gruppenritual waren wir jedoch viel zu müde und mussten die Reise schweren Herzens verschieben.

Am nächsten Morgen frühstückten wir bei herrlichstem Herbstwetter auf der Terasse. Dieses Glück hatten wir schon an Beltane in Satzvey. Es scheint so eine Art Abschiedsritual zu werden. Als wollte uns die Sonne noch mal ihr Wohlwollen zeigen. Anschließend suchten wir uns einen Baum im Wäldchen hinter der Wohnung und flochten unsere "Lebensbänder" zusammen, so wie wir es auch schon an Beltane getan hatten. Dabei kommt mir immer der Tanz der Druidinnen in den Sinn, den man im Vorspann der Serie "Outlander" sieht. Dieser Rhythmus, in dem wir die Bänder flechten, hat für mich etwas ganz Archraisches, so wie der Tanz auch. Hoffentlich finden wir irgendwann mal einen Baum mit viel Platz für dieses Ritual. Bis zum nächsten Mal, liebe Druidinnen ;)








Donnerstag, 17. September 2015

Things I Love Thursday

Donnerstag ist mein neuer freier Tag. Ganz wunderbar, um an Karmis Aktion teilzunehmen und eine Dankbarkeitsliste zu schreiben:
  • Am meisten Dankbarkeit empfinde ich für ein kleines Wunder, das gerade in mir wächst. Seit beinahe drei Monaten bin ich "in guter Hoffnung", wie man so schön sagt. Bei allem Gefühlswirrwarr, das diese neue Situation in mir auslöst, bin ich dennoch sehr glücklich und tief dankbar für dieses Geschenk.
  • Ich habe null Schwangerschaftsbeschwerden. Wenn ich es nicht wüsste, ich würde nichts merken. Danke dafür, kleines Wunder.
  • Meine Freunde freuen sich alle riesig mit uns. Das tut gut.
  • Mein Vater war zu Besuch und wir haben zu dritt ein paar gemütliche Abende mit leckerem Essen und guten Gesprächen verbracht.
  • Vor kurzem war ich mit dem Mann in der Heimat und bin mit meiner Familie im Siebengebirge wandern gegangen. Ein wunderschöner Ausflug mit viel Gelächter und Glückmomenten <3
  • Ich habe mir endlich ein paar Straßen-Gummistiefel und eine Wind-und-Regen-Jacke gekauft. Jetzt kann ich auch beim schlimmsten Schietwetter unterwegs sein und durch Pfützen stapfen.
  • Auf der Arbeit genieße ich das besondere Zutrauen von ein paar Kindern. Wenn sie mich morgens entdecken, kommen sie zu mir gelaufen, umarmen mich und erzählen mir Dinge, die nur Kinder erzählen: Von den grünen Eicheln, die sie sammeln, der stacheligen Raupe unter der Kastanie, die ich mir unbedingt angucken muss, dem Nachbarshund, mit dem sie Freundschaft geschlossen haben.... Für diese Momente liebe ich meinen Beruf!
  • Ich habe eine sehr nette Seminargruppe in Wismar kennen gelernt, zu der ich nun gerne hinfahre.
  • Das erste Mal alleine in einem Hotel übernachtet und es genossen.
  • Ein Wiedersehen-Wochenende mit meinen Studienfreunden aus Koblenz ist in Planung. Darauf freue ich mich sehr.
  • Ende Juli war ich drei Tage lang mit einer Freundin in der sächsischen Schweiz wandern. Das hat so viel Spaß gemacht und mich erfüllt. Ich kannte die Region vorher noch nicht und bin begeistert. Mein persönliches Wanderparadies, das ich in Zukunft häufiger besuchen werde. Wandern mit Freundinnen ist eine ganz feine Sache, an dieser Tradition werde ich festhalten.
  • Mein Kühlschrank ist momentan voll von leckerem Bio-Obst, yummie.
  • An Samhain sehe ich die Jahreskreis-Frauen wieder und lerne einen besonderen Ort kennen. Ich bin schon sehr gespannt.
  • Ich stelle mich Situationen, vor denen ich Angst habe. Nicht leicht, aber es fühlt sich gut an.


Dienstag, 15. September 2015

Erntebeginn

Jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit komme ich an einer Stelle vorbei, an der wunderschönes Herbstlicht auf den Gehweg fällt. Das Licht fängt sich in den bunten Blättern am Boden und in den noch grünen Blättern an den Bäumen. Wenn ich durch die langen Schatten der Bäume trete, blinzelt mir die Morgensonne entgegen. Kurz zuvor habe ich sie noch aus der S-Bahn heraus bewundert, wie sie blutrot über den Feldern aufging. Es sind nur ein paar Sekunden, in denen ich durch dieses warme Herbstlicht schlendere. Aber sie lassen mich kurz vor dem Trubel des Tages lächeln und aufatmen. Ich habe kurz das Gefühl, als würde ich in das Herbstlicht eintauchen. Wenn die Sonne mir dann entgegen scheint, sehe ich keine hastenden Eltern und Kinder mehr und meine hastenden Gedanken schweigen. Ich genieße diese Momente sehr. Sie sind wie ein stiller Morgengruß, den nur ich wahrnehme. Still und dankbar grüße ich zurück.

Alles an dieser Szenerie sagt mir auch: HIER BIN ICH, DER HERBST IST DA! Schön, dass du mich magst. Ich zeige mich dir gerne von meiner Schokoladenseite :-)


Vor ein paar Tagen war ich auf unserem Feld und habe ein bisschen geerntet. Jetzt kann endlich eingeholt werden, was wir die ganze Zeit gepeppelt haben. Ernten macht natürlich ziemlichen Spaß. Mehr als das Bekämpfen von Kartoffelkäfern und Krautfäulnis -alles da gewesen. Manches ist zwar eingegangen oder konnte sich nicht gut entwickeln. Aber immerhin: ich nehme zwei Tüten voller Tomaten, drei Zucchinis, Kopfsalat, Stangen- und Wachsbohnen mit. Und Blumen, einen bunten Strauß an Feldblumen. Es tut sich nach wie vor was auf dem Feld. Die Kürbisse reifen noch, ebenso die Kohlrabi und die Bohnen, die Kartoffeln wollen noch aus der Erde gebuddelt werden...da geht noch was.


 
Neuerdings haben wir übrigens zwei Schweinchen auf dem Feld. Nach der Erntesaison sollen sie die Erde durchwühlen und auflockern. Total schön, auf dem Feld von aufgeregtem Grunzen und Schnauben begrüßt zu werden :-)

Apropos Ernte: Nächste Woche steht ein kleines Erntefest mit meiner Jahreskreis-Freundin aus Hamburg an. Wir wollen Kornpuppen flechten und einen Erntekranz backen. Freue ich mich schon sehr drauf. Vor kurzem bin ich hier über die Idee einer Mabon-Girlande gestolpert, was mir auch sehr gut gefällt. Man schreibt Wünsche und Gedanken rund um Mabon auf Papier, Holz etc. und befestigt sie an einem Seil. Zusammen mit ersten Herbstschätzen und Erntefrüchten (Kastanien, Haselnüsse, Federn von Zugvögeln, Herbstblätter, Göttinnenfiguren...) wird sie anschließend an einem schönen Platz aufgehängt. Ein persönlicher Kraftort wäre bestimmt schön, ein Wunschbaum oder der eigene Ritualplatz. Ich finde, die Girlande sieht ganz toll aus und inspiriert zu einer eigenen *klick*.

Mit der Jahreskreis-Gruppe planen wir ein baldiges Treffen an den Externsteinen. Bis auf eine hat keine von uns die Steine bisher gesehen. Ich freue mich, diesen Ort zu besuchen und die neu geknüpften Bande zu stärken (wenn man bedenkt, dass wir an unserem ersten Treffen tatsächlich Bänder "geknüpft" haben, macht die Redensart doppelt Sinn). Beltane ist schon wieder zu lange her.

Was macht ihr rund um Mabon?

Donnerstag, 3. September 2015

Hallo Herbst, hallo Erntezeit!


Ich freue mich schon seit August auf ihn, den Herbst. Wie jedes Jahr. Dieses Jahr wird allerdings alles ganz anders werden. Wieso verrate ich (noch) nicht.
Leider wird es auch recht stressig im Herbst. Diesen Monat habe ich jedes Wochenende Seminare und es stehen einige außerplanmäßige Arbeitstermine an. Genau das gleiche erwartet mit im November. Aber die Sonntage habe ich mir fürs Genießen reserviert: Im Laub rascheln, Herbstfarben fotografieren, Hagebutten sammeln, Kanu fahren -Wohlfühlprogramm eben.

Nach der Arbeit werde ich endlich wieder stricken. Im Frühling und Sommer ist mir gar nicht danach. Alles, was mit Wolle zu tun hat, bleibt liegen. Aber kaum dass der erste kühle Wind aufzieht und die Kastanien reifen, kommt die Stricklaune zurück.

Und auch die ersten Ernte-Gedanken tauchen auf. Ich lasse Revue passieren, was ich dieses Jahr geschafft und geschenkt bekommen habe. Das war viel. Fast zu viel. So viel Neues kann ich gar nicht fassen. Meine Psyche ist eher der erdige Typ: Schön langsam, einen Schritt nach dem anderen, mehr verkrafte ich nicht. Und trotzdem war dieses Jahr ein Luft-Jahr für mich: Lauter neue Projekte, lauter neue Möglichkeiten -alle gewollt und alle wichtig- aber ich kann sie nicht recht erden, hegen und pflegen, weil sie zu viele sind. Und es hört nicht auf. Im Gegenteil. Mehr dazu ganz bald.

Donnerstag, 27. August 2015

Zurück aus dem Urlaub

Schon seit über einer Woche bin ich zurück aus dem Urlaub. Das schlechte Wetter im Norden hat uns zuerst in den Süden verschlagen. Auf dem Weg nach Südfrankreich sind wir durch die Georges du Tarn gefahren und haben immer wieder in kleinen Dörfern Halt gemacht. Das war eigentlich sehr schön. Leider hat auch unser Bulli immer wieder Halt gemacht und hatte ein paar Pannen. Kein so guter Start.


Nach einem kurzen Zwischenstopp in Montpellier sind wir an den Pyrenäen bis Lourdes entlang getingelt. Nachts um 23 Uhr haben wir auf einem kleinen Camping Municipal eingecheckt und wurden von dem Ruf einer Eule begrüßt. Ansonsten war es so ruhig, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Nach den letzten Nächten auf Raststätten und Disco-Campingplätzen war das Balsam für unsere Seelen. Wir haben den Bulli direkt an einem Wäldchen geparkt und mit offenem Kofferraum geschlafen. Die akustische und optische Kulisse war perfekt: Nur das leise Rauschen der Blätter im Wind war zu hören, dazu die Eule, zu der sich ab und zu das Krächzen eines Käuzchens gesellte. Außerdem hatten wir Vollmond und sein kühles Licht schien über den Platz. Das war mein persönlicher  Liebslingsmoment des Urlaubs. Am nächsten Morgen sind wir unter Birken aufgewacht. Eichhörnchen liefen die Baumstämme hoch und ein Specht war zu hören. Wirklich traumhaft. Noch lange bin ich liegen geblieben, um in die Wipfel hochzuschauen und mich wohl zu fühlen.


Am nächsten Tag haben wir eine Tageswanderung in die Pyrenäen gemacht. Das war sehr herausfordernd, viele Klettereinheiten waren gefragt. Aber sowas liebe ich ja. Natürlich haben wir uns auch die Pilgerstätte angesehen, die Grotte von Lourdes. Ich fühle mich von diesem Ort schon lange angezogen -vielleicht, weil ich als Kind die Geschichte von Bernadette oft gelesen habe. Und trotz großem Besucherandrang hat mich die Stätte sehr berührt. Auch, weil es eben nicht um irgendwelche heiligen Gebeine oder Gemäuer geht. Es geht auch um dieses Stückchen Natur: eine Grotte und eine Heilquelle. Und in einer Atmosphäre aus vielen Kerzen und spirituellen Menschen habe ich mich ganz beschwingt gefühlt.


Leider haben wir den Fehler gemacht, an die Atlantikküste weiter zu fahren. Die war natürlich komplett überfüllt. Weil wir aber unbedingt Sonne brauchten, haben wir es jeden Tag wieder versucht mit den Campingplätzen. Ohne Erfolg. Ausschließlich ein Nudistencampingplatz hat uns aufgenommen. Auch mal ein Erlebnis ;)

Nach einer Woche Suchen und Rumkurven waren wir es endgültig leid. Genervt vom Süden sind wir gen Norden, in die Bretagne aufgebrochen. Das war genau die richtige Entscheidung. Ganz in der Nähe von Carnac haben wir einen Campingplatz gefunden. Nette Nachbarn neben uns, die Standing Stones und die Côte Sauvage in unmittelbarer Reichweite...So haben wir uns noch eine schöne Restwoche gemacht. Ein paar Impressionen:





 
  




 

Die Bretagne habe ich schon als Kind kennen und schätzen gelernt. Für mich verbindet sie zwei Dinge, die ich liebe: südliches Flair und keltisches Kulturgut. Überall findet man Schmuck und Geschirr mit keltischen Mustern, Straßenmusiker mit Dudelsack und Geige ziehen durch die Cafés -und trotzdem sieht man Palmen in den Vorgärten und wird von der Sonne verwöhnt. Wir haben uns schon eine Rundreise durch die Bretagne überlegt. Irgendwann kommen wir wieder und holen das nach.

Freitag, 17. Juli 2015

Urlaub!

Endlich freiiiiii! Heute morgen fingen meine lang ersehnten Ferien an. Mitten in der Probezeit Urlaub zu haben, ist ein absolutes Privileg und ich bin soooo dankbar dafür. Die Eingewöhnung in den neuen Job und die Ausbildung ist schon eine (an)spannende Zeit für mich. Nun darf ich mal ein paar Wochen durchatmen. Hach!
 
Zum Auftakt bin ich heute früh auf den Acker gefahren. Tomaten wollten beschnitten, Setzlinge vereinzelt, Auberginen gepflanzt, Unkraut gejätet und Erde aufgelockert werden. Leider habe ich auch Kartoffelkäfer entdeckt, denen wir uns schnellstmöglich widmen müssen. Habe so gehofft, wir bleiben verschont...
 
Nächste Woche geht es für mich dann in die sächsische Schweiz. Ich mache drei Tage Wanderurlaub mit meiner Freundin Lili aus Berlin. Ich kenne sie aus Studienzeiten und habe oft bei ihr übernachtet, als ich schon in Hamburg wohnte. Danach ist unser Kontakt leider etwas abgeflaut. Jede verfolgte eigene Ziele (Studienabschluss, Job, Hochzeit, Fernbeziehung...). Zuletzt haben wir uns auf meiner Hochzeit letztes Jahr gesehen. Nun haben wir endlich mal wieder Zeit für uns alleine, zum Quatschen, Kochen und um die Natur zu genießen. Die liegt uns beiden sehr am Herzen. Sie ist überhaupt ein sehr feinsinniger, romantischer Mensch. Ich sehe uns schon den Sonnenuntergang anschmachten wie auf einem Gemälde von Caspar David Friedrich ;-) 
Wir haben eine kleine Berghütte mit Außenkochstelle gemietet. In unserer Berliner Zeit haben wir oft zusammen gekocht. Ich musste ihr deutsches Essen zeigen und sie hat mir chinesische Gerichte gekocht. Lili ist einer dieser Menschen, die aus vollem Herzen geben können. Sie fühlt sich selten ungerecht behandelt oder übervorteilt (im Gegensatz zu mir -Zwillingstrauma!). Als Lili von der Außenfeuerstelle gehört hat, war sie Feuer und Flamme. Wahrscheinlich packt sie jede Menge chinesische Leckereien ein, die man übers Feuer hängen kann :-).
Lili ist Buddhistin und in den Bergen Chinas aufgewachsen. Die Buddhistin merkt man ihr sofort an. Mit ihrer Ruhe und Gelassenheit färbt sie jedes Mal auf mich ab, wenn wir uns treffen. So kann der Urlaub starten!
 
Anschließend geht es für mich nach Frankreich. Der Mann und ich wollten ursprünglich nach Skandinavien. Aber bei diesem "Sommer" dieses Jahr haben wir uns nun doch für den Süden entschieden. Ich brauche mal stabiles Warmwetter! Wahrscheinlich geht es durchs Zentralmassiv bis nach Aquitaine. Vielleicht aber auch in die Bretagne. Dank unseres Bullis können wir spontan entscheiden, je nach Wetterlage. Ich freue mich total. Endlich mal weg hier und den Stress der letzten Monate hinter sich lassen... Der Mann bastelt schon seit Wochen am Bulli rum. Er kriegt nun tatsächlich einen Kühlschrank und ein richtiges Vorhangsystem (bisher haben wir mühsam Tücher in die Fenster geklemmt -nach zwei Tagen könnte ich mich daran aufhängen^^).
 
Nach dem Urlaub werde ich mich all den Dingen widmen, die in letzter Zeit liegen geblieben sind. Und das sind viele. Da habe ich genug zu tun. Also erst mal tief Durchatmen und Koffer packen. Ooooooommmmm.....
 
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