Freitag, 15. Januar 2016

Baby-Blase

Seit ich schwanger bin, lebe ich in einer Art Blase. Der Baby-Blase. Zum einen meine ich damit, dass sich mein Leben schon sehr auf die Zukunft mit Baby einstellt. Mein Alltag besteht aus Arbeiten und mich auf das Kind vorbereiten. Aber nicht in einer Art hektischen Panik, sondern in einem gemütlichen sich Herantasten an das Neue, Unbekannte. Das meine ich durchaus positiv. Nach den ersten unsicheren Monaten fing das mit viel Drüber-Reden und etwas Lektüre an. Mittlerweile im achten Monat angekommen, gebe ich dem Nestbautrieb nach und besorge nach und nach alles, was ein Leben mit Neugeborenem erfordert. Das macht Spaß und scheint ein ganz natürlicher Prozess zu sein, sich auf das Kommende einzustellen.

Zum anderen meine ich mit der Baby-Blase, dass ich seit der Schwangerschaft das angenehme Gefühl habe, nicht mehr "Herr im eigenen Haus" zu sein. Mein Kopf hat sich wie mir scheint einer höheren Macht unterworfen: meinem Körper und der Biologie. Seit ich schwanger bin, fühle ich mich seltsam entspannt und beruhigt. Reagiere ich sonst typischerweise auf unbekannte Situationen mit Sorgen, Ängsten und Absicherungsversuchen, bin ich nun erstaunlich gelassen und zuversichtlich. Das bin doch nicht ich! Ich erkenne mich gar nicht wieder. Aber ich fühle mich gut mit diesem neuen Zustand. Ich habe nicht wie sonst den Drang, alles verstehen und analysieren zu müssen. Zwar bin ich neugierig und schaue ab und zu in schlauen Büchern nach, was gerade in meinem Körper passiert. Aber wie genau das alles funktioniert mit der Baby-Versorgung im Mutterleib, was man alles vermeiden oder unbedingt tun sollte, das will ich irgendwie gar nicht wissen. Lange wollte ich auch nichts über die Geburt wissen und hatte gleichzeitig überhaupt keine Ängste, wenn ich daran dachte. Da war nur dieses beruhigende Gefühl, dass das schon alles irgendwie klappen wird. Sehr fremd für mich und gleichzeitig wunderschön.

Es ist auch so, als gäbe es da diese unsichtbare Schranke, die mich von Anfang an begleitet hat. Sie hat mich in den ersten Monaten davon abgehalten, Babykleidung zu kaufen. Obwohl ich immer dachte, dass sei bestimmt das erste, das ich im Fall einer Schwangerschaft tue. Aber Pustekuchen, ich habe jedes Mal ein ganz deutliches Signal von meinem Körper erhalten, wenn ich an Babykleidung vorbeikam: Mir wurde ein bisschen schlecht. Alles in mir sagte: Nein, fühlt sich noch nicht richtig an, warte noch. Nach den ersten Monaten, in denen die Wahrscheinlichkeit für eine Fehlgeburt ja noch am höchsten ist, war das dann kein Problem mehr.

Zum ersten Mal nehme ich die Zeichen meines Körpers und meiner Intuition sehr deutlich wahr. Selbstverständlich hat mir mein Körper auch gezeigt, was er nicht zu sich nehmen darf oder besonders dringend braucht. Abneigung und großer Appetit waren in den ersten Monaten oft meine Begleiter. Wobei mir nie schlecht vom Essen wurde, ich hatte nur diese Schranke, die sagte: Das isst du nicht. Oder: Weg vom Zigarettenrauch. Ich musste kein Buch darüber lesen, ich habe mich einfach auf meinen Instinkt verlassen.

Noch ein Beispiel: Noch bevor ich wusste, dass ich schwanger bin, war ich wandern in der sächsischen Schweiz und in den Pyrenäen. Ich war viel schneller aus der Puste als sonst und laaaangsam. Ich hätte durchaus einen Zahn zulegen und über meine Grenzen gehen können. Aber ich wollte nicht. Wie ein störrischer Esel. Sollten sich die anderen doch meinem Tempo anpassen. Später hat mir meine Hebamme erklärt, dass der Körper anfangs viel Ruhe braucht, um den neuen Stoffwechselkreislauf aufzubauen. Die hat er sich einfach genommen, die Ruhe. Und ich musste gehorchen. Auch jetzt noch setzt er sein Ruhebedürfnis durch. Wenn ich mittags von der Arbeit komme, verbannt er mich aufs Sofa zum Schlafen. Normalerweise hasse ich es, tagsüber zu schlafen. Dafür habe ich zu viel Energie. Aber seit der Schwangerschaft schlafe ich nach dem Mittagessen noch mal wie ein Stein.

Freundinnen, die noch keine Kinder haben, fragen mich oft, ob das nicht total komisch sei, ein Lebewesen in seinem Bauch zu haben. Bevor ich schwanger wurde, habe ich mich das auch oft gefragt. Aber nun fühlt es sich absolut normal an. So, als wäre es immer schon so gewesen. Und in gewisser Weise stimmt das ja auch. Unser Körper ist für die Schwangerschaft ausgelegt. Natürlich nicht darauf reduziert und nicht ausschließlich dafür geschaffen. Aber er hat alles, was es dazu braucht, von Anfang an. Eine unvorstellbar lange Reihe gebärender Frauen liegt hinter mir. Sie reicht zurück bis zu den Anfängen der Menschheit. So scheint es mir gar nicht seltsam, dass mein Körper eine Art "Automatismus" ablaufen lässt. Als hätte er mit der Erfüllung seiner biologischen Bestimmung einen Schalter umgelegt und wüsste nun ganz genau, was zu tun ist. Es scheint beinahe so, als seien diese "anderen Umstände" die normalsten Umstände der Welt für ihn und für mich.

Natürlich kann ich da nur für mich sprechen. Ich weiß, dass viele Frauen mit diversen Beschwerden und Komplikationen zu kämpfen haben während einer Schwangerschaft. Ob man sich da so eins fühlen kann mit seinem Körper, weiß ich nicht. Eigentlich habe ich genau das auch immer bei meiner eigenen Schwangerschaft erwartet. Aber so ist es nicht gekommen und dafür bin ich dankbar. Natürlich habe auch ich hin und wieder Rückenschmerzen, Völlegefühle am Abend, eine nervende Blase und Übungswehen, die unangenehm werden können. Aber das hält sich doch alles sehr im Rahmen des Erträglichen.

Sich so stark von seinem Körper leiten lassen zu können, ist eine der schönsten Überraschungen meines Lebens. Wir sind ein Team, er und ich. Zur Belohnung schenkt er mir diese wohltuende Gelassenheit. Vielleicht auch um mich zu schützen. Denn Stress ist bekanntlich weder für Mutter noch für Kind gut.

Also, liebe Frauen, wir brauchen nicht unbedingt starke Partner an unserer Seite bei einer Schwangerschaft. Wenn wir Glück haben und ihm vertrauen können, haben wir unseren Körper, der uns leitet und ritterlich schützt. Vielen Dank dafür, Mutter Natur!

1 Kommentar:

  1. Na das klingt doch wirklich wunderbar und schön! Freut mich sehr zu hören dass es Euch beiden so gut geht. Insofern wünsche ich Dir weiterhin viel Glück, Gesundheit und Alles Gute für die gemeinsame, neue Zukunft! <3

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