Sonntag, 19. Oktober 2014

Besuch im Esoladen

Vor kurzem war ich seit langem mal wieder in einem Esoterikladen. Diese Geschäfte haben mich schon immer angezogen und abgestoßen zugleich. Auf der einen Seite sind sie die einzigen Orte in der Einkaufsstraße, die mein Interesse für Irrationales befriedigen. Auf der anderen Seite habe ich immer das Gefühl, als Muggel in der Winkelgasse gelandet zu sein. Hier ist plötzlich alles ganz normal und selbstverständlich, was in der Alltagswelt belächelt und kritisiert wird. Das macht mich erstmal nervös. Ich verlasse das sichere Terrain der Logischen und Bekannten. Und dann gibt es das, was ich mir sonst vereinzelt zusammensuche und im verschlossenen Regal verstaue, plötzlich in Hülle und Fülle und stapelt sich vom Boden bis zur Decke! Gleichzeitig schaltet sich mein Verstand ein, wenn ich einen Laden voller Engel und Heilsteinen sehe, und rümpft die Nase: Ist ja klar, dass du dich unwohl fühlst, das ist ja auch alles Quatsch hier!

Ich erinnere mich an früher, als ich mit 16 Jahren begann, mich für Wicca zu interessieren. Einmal in der Woche ging ich mit meiner Mutter in eine Bibliothek und durfte mir so viel Lesestoff ausleihen, wie ich wollte. Als ich einmal einen Schwung Bücher über die Geschichte der Hexen ausleihen wollte, tat sie so, als hätte sie mich bei etwas Verbotenem ertappt. Entweder habe ich die Bücher wieder zurück gelegt oder sie zuhause aus Scham nicht angefasst, ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls war es sehr unangenehm. Diese Erinnerungen kommen manchmal wieder hoch, zum Beispiel wenn ich in einem Esoterikladen bezahlen will. Ich habe das diffuse Gefühl, als täte ich hier gerade etwas Verbotenes, Albernes.

Diesen Laden habe ich mir erlaubt. Mann könnte sagen, ich bin meiner kindlichen Neugierde gefolgt. Und es war nett. Die Inhaberin war sehr freundlich und hat mich kompetent beraten. Am Ende habe ich mir dann ein paar Postkarten mit spirituellen Motiven gekauft.
 
Als die Inhaberin mit mir über Göttinnen sprechen wollte, spürte ich, wie sich in mir alles zusammenzog. Ich merkte, wie wenig Übung ich darin habe, offen über das zu sprechen, woran ich glaube. Ich meine, so live, mündlich, im direkten Kontakt mit jemandem, der mir gegenüber sitzt und in die Augen schaut. Ich wurde ganz still im Gespräch mit ihr und machte wahrscheinlich den Eindruck, als hätte ich noch nie etwas von all dem gehört^^

Ich dachte so für mich, dass ich öfter herkommen sollte. Ein Grund, warum es mir schwerfällt, meine Spiritualität im Alltag zu leben, ist ja die fehlende Gemeinschaft und gesellschaftliche Akzeptanz für Heidentum/ Naturreligionen etc. In solchen Läden sieht das schlagartig anders aus. Hier wird  offen kommuniziert, was ich sonst verstecke.

Abgesehen von Brieffreundschaften (Grüße!) habe ich mich nie um Freunde mit ähnlicher spiritueller Gesinnung bemüht. Ich habe zwar in jeder neuen Wohnstadt nach Heiden-Stammtischen o.ä. Ausschau gehalten. Aber hingegangen bin ich nie. Die Szene war mir nicht ganz geheuer. Wenn ich zufällig mal einen ihrer Anhänger kennen lernte, fand ich sie schnell arrogant oder weltfremd. Das gab mir die Bestätigung, nicht weiter nach ihnen zu suchen. Also habe ich auch nie gelernt, offen über Götter, Gebete, Ahnen oder Baumgeister zu sprechen. Als ich das einmal versuchsweise mit einer Freundin tat, fühlte ich mich authentisch, lebendig und einfach großartig. Ich hatte das Gefühl, als würde ich über meine Worte in die Realität holen, was sonst nur in meinem Kopf existierte. Doch solche Ausnahmen sind selten geblieben.

Seit ich in dem Laden war, meldet sich meine Sehnsucht wieder. Ich denke daran, wie lange ich mich schon insgeheim nach einer spirituellen Gemeinschaft sehne und wie wenig ich bisher unternommen habe, um sie zu finden. Schnell war mir klar, dass Angst dahinter steckt. Angst, nicht zu finden, wonach ich suche. Angst, enttäuscht zu werden. Angst vor Ablehnung. Also lieber kein Treffen, kein Kontakt. Ging auch immer ohne. Es hat aber immer etwas gefehlt.

Ich ahne, dass in der Gemeinschaft bisher verborgene Quellen an Lebensfreude, Selbstverwirklichung und Weiterentwicklung warten. Möglichweise bin ich jetzt soweit. Ich brauche ein Forum für diesen Teil meiner Persönlichkeit. Ein Forum außerhalb des Internets. Wie so oft in meinem Leben, muss ich dafür meine Komfortzone verlassen. Sie ist gemütlich und freundlich. Aber einsam und abgenutzt. Und längst überholt. Raus da!
 

 

11 Kommentare:

  1. In diesem Text finde ich mich zu 100% wieder. Schön, dass man nicht allein ist. Oder traurig, je nachdem.
    Das Bild zum Ende ist jedenfalls wundervoll und passt sehr schön zu meinem heutigen Empfinden =)
    Ich wünsche dir einen schönen Herbstsonntag!
    Atessa

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    1. Das sind drei Postkarten aus dem Laden, von Wendy Andrew. Schön, oder? Ich kaufe mir demnächst gleich noch mal einen Schwung davon. Wenn du magst, bringe ich dir eine mit?

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    2. Wirklich sehr ausdrucksstark und auch ihre anderen Kunstwerke, ich habe mal gerade geschaut. Sehr gut gefällt mir die grüne Karte, Ostara-Feeling =) Ein ungewöhnliches Format, oder?
      Es wäre wirklich lieb, wenn du mir eine mitbringen würdest! Mein Eso-Laden hat nur Foto-Postkarten, solch schöne habe ich noch nie gesehen.

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  2. Hallo Maren,
    mir ging es meist ähnlich. Das Problem ist wohl, dass mein persönlicher Glaube einfach deutlich bodenständiger ist, als das, was einem in den Esoläden meist als erstes entgegenflattert. Das was für mich interessant ist findet sich dann zwar meist auch irgendwo, aber davor muss ich mich durch einen Wust von Engeln, Aura Soma und ähnliches kämpfen. Ich bestreite nicht, dass das den Leuten die daran glauben hilft, und als Methode ist das Zeug ja vollkommen ok. Objektiv betrachtet auch nichts anderes als bei Christen, Wicca, Asatru oder anderen. Leider sind die auffälligsten (nicht unbedingt die meisten!) Anhänger dieser etwas abgehobeneren Richtungen einfach nicht das beste Aushängeschild. Und mit denen möchte man halt nicht in Verbindung gebracht werden. =/

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    1. Da sagst du was....und die unauffälligen Kandidaten fallen einem einfach nicht auf! Man sollte sich
      ein geheimes Erkennungszeichen ausdenken ;)

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  3. Ja das könnte ich geschrieben haben hihi. Mir geht es ganz genauso wie Dir. Dieses komische Gefühl das dann so schwer in einem drin ist, wenn man den Laden betritt und dann noch mehr an der Kasse steht.
    Meine Bücher hab ich damals alle in einem geheimfach in einem Schrank versteckt, was ich sogar heute noch tue. bis auf ein paar "harmlosere" Exemplare.
    Sei lieb gegrüßt
    Vanessa

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    1. Schade, ne? Aber für mich ist es leichter. Ich mag nicht jedem Besuch erklären, warum ich ein Buch über Küchenmagie lese...

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  4. Hallo Maren :)

    Wenn ich lese was du schreibst macht mich das fast schon ein wenig traurig. Nicht traurig im Sinne von Mitleid, sondern eher traurig im Allgemeinen das es anderen "Heiden" manchmal überhaupt so geht, dass man mit Gefühlen von Scham zu tun hat, soch unwohl in seiner Haut fühlt und keinen wirklichen Kontakt zu Gleichgesinnten findet/hat. Bei mir persönlich war das nie so, ich war immer sehr offen mit meinem Glauben und in gewissem Sinne Stolz darauf. Zumindest habe ich mich damit schon immer sehr wohl gefühlt und hatte nie das Gefühl etwas falsches oder verboetenes zu tun.
    Gleichgesinnte zu finden ist natürlich nicht immer so einfach, vor allem wenn man noch so gar keine Kontakte hat. Ich habe früher einige Stammtische besucht, dann über Jahre hinweg gar keine mehr. Mittlerweile gehe ich ab und zu mal wieder zu einem, wodurch ich ja jüngst Kontakt zu meiner Glastonbury Reisegruppe bekommen habe. Durch den England Trip habe ich noch mal sechs ganz wundervolle liebe Menschen gewonnen. Aber auch vorher war mein Leben immer reich an Hexen und Heiden. Irgendwie hab ich manchmal das Gefühl hier gibts ein Nest :D. Oder es gibt allgemein mehr Leute als man denkt. Es hängt sich ja nicht jeder ein Schild um.
    Wenn du damit glücklich bist so "alleine" damit zu sein dann gibt es ja auch keinen Grund das zu ändern, falls nicht kann ich dich nur ermutigen mal hier und da auf einem Stammtisch vorbei zu schauen. Ich werd im nächsten Jahr erstmals an einer großen Veranstaltung vom Eldaring teilnehmen und bin gespannt wen ich da noch alles so kennenlerne. Ich bin aber auch prinzipiell ein recht kontaktfreudiger und eher extrovertierter Mensch, für mich ist es nicht anstrengend neuen Menschen zu begegenen.
    Die shcwarzen Schafe und Spinner von denen ich durchaus auch einige kennengelernt habe darf man einfach nicht ernst nehmen ;). Aber auf jeden Spinner kommen mindestens 2-3 Goldstücke...

    Liebe Grüße,
    Karmi

    P.S. die Karten sind toll, ich liebe Wendy Andrew. In Glastonbury gabs die Bilder als große Wandtücher <3. Hab mir auch ein ganz tolles Bilderbuch von ihr gekauft als ich dort war.

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    1. Ja, das glaube ich dir, dass du schon immer selbstbewusst mit deinem Glauben umgegangen bist. Deine Offenheit finde ich immer sehr angenehm, wenn ich bei dir lese. Wenn man so ein Typ ist, findet man sicher schnell Kontakt und Anschluss zu Gleichgesinnten. Ich bin generell eher introvertiert, was das Kennenlernen neuer Leute angeht. Wobei ich schnell auftaue und dann auch sehr offen bin, sobald ich sie einmal kenne.
      Ich bin oft zufrieden alleine zu sein, habe mich ja auch in vielen Jahren daran gewöhnt. Aber glücklich bin ich wie gesagt nicht. Also mache ich mich jetzt mal auf die Suche nach den Goldstücken ;-) LG

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    2. Ich bewundere Menschen wie Karmi für diese Offenheit und die Kontaktfreude. Ich bin wirklich überhaupt nicht offen, erst, wenn ich einen Menschen ganz gut kenne, so wie du Maren. Nur taue ich echt nicht schnell auf...
      Ein sehr guter Freund von mir, ich kenne ihn seit über vier Jahren, war vor zwei Tagen ganz erstaunt, für welche Dinge ich mich überhaupt interessiere, was ich für Hobbys habe. (Von meinem Glauben habe ich aber nicht gesprochen)
      Ich bin für sehr viele ein Buch mit sieben Siegeln und komme durch meine distanzierte Art (leider) oft arrogant und eingebildet rüber. Das ist dann die Beschreibung für jemanden, der sich seine Kontakte lieber gezielt auswählt und nicht jedem auf die Nase bindet, was man für Wehwehchen hat.
      Jetzt an der Uni habe ich auch noch keine Menschen gefunden, die mir sofort sympathisch wären. Ich hoffe, dass sich das noch ändert und ich auch ein paare Goldstücke finde, nicht unbedingt nur in spiritueller Weise =)

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    3. Gib dir ein bisschen Zeit an der Uni. Ich war in meinem ersten Semester auch extrem ängstlich und zurückhaltend mit anderen. Aber gerade mit Anfang 20 habe ich mich nochmal sehr entwickelt und viele liebe Menschen kennen gelernt, die gut zu mir passen -wenn auch nicht unbedingt in spirituellem Sinne. Da kommt eine spannende Zeit auf dich zu :-) Schick mir doch mal eine Email mit deiner Adresse für die Karte!

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