Besonders wichtig ist mir dieser Ort, wenn ich zur Arbeit gehe oder zurück komme. Im Büro fühle ich mich nicht nur von der Natur entfremdet, sondern auch zu einem großen Teil von mir selbst. Jedes Mal, wenn ich das Gebäude betrete oder verlasse, sehe ich eine Statue, die sehr gut zu dem Büro-Alltag passt, wie ich ihn erlebe:
Ein Mann in Anzug nimmt sein eigenes Gesicht ab bzw. setzt sich eins auf. Wir setzen morgens alle unsere Masken auf, wirken selbstbewusst, gelassen und gut gelaunt. Dem ist mit Sicherheit nicht bei jedem so, doch wir spielen unsere Rollen so gut es eben geht. Die Öko-Tante und Hobby-Philosophin in mir zum Beispiel hat hier absolut keinen Raum und wäre hinderlich für meine Arbeit. Das bedeutet, dass ich einen Teil von mir an der Garderobe abgeben muss....
Wenn ich dann wieder gehe, zwinkere ich der Figur zu. Nun kann ich mein Gesicht endlich wieder aufsetzen. Ich verlasse also das Büro, atme tief durch und begebe mich auf meinem Nachhauseweg durch den Park...
Sobald ich ihn betrete, merke ich wie ich richtiggehend "runtergebremst" werde. Mein Herzschlag verlangsamt sich, mein Atem geht ruhiger und tiefer, meine Muskulatur entspannt sind, mein Gang wird langsamer... Hach, das tut gut! Direkt am Eingang stehen ein paar alte Bäume, die mir mit ihren Ästen zuwinken: "Schön, dass Du wieder da bist. Hier darfst du sein, wie du bist. Lass dich fallen."
Ein paar Schritte weiter gibt es einen der größten Japanischen Gärten Europas. Dort setze ich mich gerne für einen kurzen Moment hin und lausche einfach nur. Im Büro prasseln so viele Informationen auf mich ein, die mich überfordern oder langweilen, jedenfalls nichts mit mir zu tun haben. Hier höre ich nur das Geräusch von Wasser, das von einem kleinen Wasserfall herunterplätschert und zu meinen Füßen in einem See endet. Das ist Balsam für meine Nerven, ich könnte hier ewig bleiben!
Ab jetzt ist aller Stress von mir abgefallen und ich schlendere gelassen weiter auf meinem Weg nach Hause -es sei denn mein Magen knurrt, dann lege ich auch mal einen Zahn zu ;-)
Es geht auf geschwungenen Pfaden vorbei an Hecken, Büschen und Blumenteppichen. Hier haben sich Landschaftsgärtner ausgetobt, die zu wissen scheinen, was das ausgehungerte Stadt-Auge braucht. Ich kann mich nicht satt sehen an den vielen bunten Blumenarten. Besonders schön ist auch, dass es nicht nur einen, sondern mehrere Möglichkeiten gibt, den Park zu durchqueren. Es geht auf geschwungenen Wegen mal auf, mal ab, mal rechts, mal links rum. Immer kann man sich zwischen mindestens zwei Wegen entscheiden -je nachdem, wonach einem gerade ist. Perspektivenwechsel tun mir so gut nach dem stupiden Arbeitstag.
Während ich so laufe, begegnen mir immer wieder Amseln, die ich unheimlich gern habe und die ja auch meine diesjährigen Krafttiere sind. Sie rascheln und picken in Laub und Gebüsch, um dann keck mit gebücktem Kopf und angelegten Flügeln vor meinen Füßen einmal rasch den Weg zu überqueren. Ich muss jedes Mal lächeln, wenn ich sie sehe. In mir breitet sich Wärme und ein ulkig liebevolles Gefühl aus, "Guten Tag, Frau Amsel, ich hoffe, es geht Ihnen gut." Den Kopf schräg gelegt, mit tiefschwarzen Augen schaut sie mich an und läuft dann schnatternd weiter. Sie hat Junge zu versorgen, keine Zeit für einen Plausch!
Ab und an drehe ich noch eine Runde durch den Apothekergarten. Das ist ein Kräutergarten, der in Waben unterteilt ist und von 2,50 m hohen, weiß gekalkten Mauern umgeben ist. Die Waben sind thematisch nach Körperbereichen gegliedert. Am Eingang jeder neuen Wabe hängt ein Bild des Körperteils, für den die kommenden Kräuter heilsam sind. Wieder so ein kleiner Mikrokosmos im Mikrokosmos. Im Grunde brauche ich also gar keine Kräuterbibel, ich kann mir meine Ideen auch einfach dort holen. Wenn die Sonne wieder lacht, schieße ich ein paar Fotos für die Kräuterhexen unter euch.
So, genug Einblicke fürs Erste in meinen persönlichen Kraftort. Wie sieht eurer aus?
Wow, da hast du aber einen wirklichen tollen Park auf dem nach Hause Weg ;). Als ich noch in Essen gelebt habe, bin ich auch am liebsten in eine der vielen Parks gegangen um Kraft zu tanken. In meiner Heimatstadt gibt es eine botanischen Garten der immer einer meiner Kraftplätze war. Jetzt lebe ich ja quasi schon fast auf dem Land.
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Karmi
Ja, du hast es guuut, du hast deinen eigenen Kraftort, den du selbst mit gestalten kannst. Ich liebäugle schon immer mit den Gärtnern im Park -ob die mich wohl auch mal mit buddeln und gießen lassen...?! ^^
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