Freitag, 3. Oktober 2014

Pessimisten haben Recht und Optimisten den Spaß


Achja, es ist wirklich Herbst da draußen. Bunte Blätter überall, Nüsse kullern von den Ästen, ich entwickle einen Teekoch-Trieb... Auch das Licht macht sich bereits rarer und ich habe vermehrt Hunger auf Schokolade. Zeit, sich mit Vitamin D einzudecken, bevor das Jahr uns die dunkle Seite zukehrt. Und Zeit, es sich in den eigenen vier Wänden und in seinen Gedanken gemütlich zu machen.

Ich wollte euch ja ein bisschen von meiner Suche nach mehr Optimismus erzählen. Ich lerne im Moment im Selbstversuch von dem Diplom-Psychologen Dr. Rolf Merkle, der seine Tipps hier in einer Übungsreihe zusammen gefasst hat.
 
Was mir auf Anhieb geholfen hat, war seine positive Darstellung von Optimisten. Ich hatte bisher häufig widerstreitende Gefühle in mir, wenn ich einmal einen ausgeprägten Optimisten kennen lernte. Zum Einen habe ich sofort viel Sympathie empfunden und häufig seine Nähe gesucht. Zum anderen habe ich mich dabei ertappt, ihn oder sie manchmal als naiv zu belächeln und im schlimmsten Fall belehren zu wollen nach dem Motto "Ja, jetzt aber mal abwarten. Jetzt wollen wir uns das Ganze erst mal realistisch betrachten." Bei engen Bezugspersonen gipfelte das auch schon mal in Ärger darüber, dass sie so "unvernünftig" und "gedankenlos" durchs Leben gingen....Und: Sie waren auch noch zufrieden damit! Kein schlechtes Gewissen! Auch wenn sie auf die Nase fielen. Während ich mich insgeheim freute, Ich habe es ja gewusst, die Idee war total unrealistisch, standen sie einfach wieder auf und waren bald darauf wieder genauso unvernünftig und gedankenlos wie vorher. Nicht zu fassen ;-D
 
Rolf Merkle hingegen schaut auf die vielen Vorteile, die man als Optimist hat. So leben sie zum Beispiel mehr im Augenblick, während Pessimisten sich Sorgen um Zukunft oder Vergangenheit machen. Sie sind eher dankbar für das, was sie haben, während Pessimisten sich oft in Mangelgedanken verfangen. Optimisten trauen sich mehr zu und kommen beruflich und privat dadurch häufig weiter als Pessimisten. Die hingegen machen meist erst gar nicht den Versuch, neue Freunde zu finden, Tanzen zu lernen oder die Beförderung anzunehmen. Oder geben es bei den ersten Missgeschicken schnell wieder auf. Optimisten sind seelisch und körperlich gesünder, ihre Immunabwehr ist stabiler und sie leben durchschnittlich länger als Pessimisten.
 
Wenn das mal keine schlagende Argumente sind! Dabei ist es nicht so, dass die Pessis eine verkehrte Wahrnehmung von der Welt hätten. Im Gegenteil. Rolf Merkle bringt es auf eine kurze Formel, die ihr vielleicht schon kennt:
 
Pessimisten haben Recht. Optimisten den Spaß.
 
Wenn ein Opti und Pessi zum Beispiel zusammen ans Meer fahren. Es ist a*kalt, aber die Wellen tosen so schön. Und der Opti sagt zum Pessi Komm, lass uns ins Wasser gehen! So kalt ist es bestimmt gar nicht. Natürlich will der Pessi nicht, denn es ist ja nun wirklich sehr kalt, man könnte eine Blasenentzündung oder eine Erkältung kriegen. Und natürlich haben sie damit nicht ganz unrecht. Pessimisten sehen die Welt tatsächlich häufig realistischer. Aber bringt ihnen das etwas? Sind sie gesünder, fröhlicher, erfolgreicher, beliebter dadurch? Nein, sind sie nicht. Den Spaß haben die unvernünftigen Optimisten. Denn während der Pessi lieber in der Strandmuschel hocken bleibt und seine Ängste ihn daran hindern, etwas zu riskieren, läuft der Pessi lachend ins Wasser, wütet ein bisschen in den Wellen und wickelt sich zitternd, aber mit Adrenalin im Blut, wieder ins warme Handtuch ein. Vielleicht hat er am nächsten Morgen tatsächlich einen kleinen Schnupfen. Vielleicht aber auch nicht, denn er ist rechtzeitig wieder aus dem Wasser gekommen und hat sich gleich aufgewärmt. Nur weil der Opti sich etwas traut, heißt das nicht, dass er waghalsig sein muss. So oder so wird er es wieder tun, denn es hat Spaß gemacht und er hat am Montagmorgen im Büro etwas zu erzählen.
 
Natürlich heißt das nicht, dass man nun alles tun sollte, egal, wie gefährlich es ist. Aber es heißt auch nicht, auf jeden Spaß zu verzichten, nur weil es gefährlich/unsicher/peinlich usw. sein könnte.
 
Seit ich mir die Vorteile einer optimistischen Lebenshaltung bewusst gemacht habe, bin ich schon mal entspannter im Umgang mit meinen optimistischen Mitmenschen. Und ich bin entspannter mit mir selbst. Wenn ich merke, dass ich gerne etwas tun möchte, das mir meine pessimistische Seite ausreden will, denke ich daran, was ich gewinnen könnte: Lebensfreude, Gesundheit, Erfolg... Denn häufig tragen auch wir Pessis einen Optimisten in uns, und sei er noch so klein. Nicht selten hat er große Ähnlichkeit mit uns, als wir noch klein waren. Er wurde nur ganz schön zurecht gestutzt im Laufe der Jahre.
 
Hätte ich diesem kleinen Optimisten in mir keine Stimme geschenkt, wäre jetzt die Schmusekatze nicht bei uns. Es ist nämlich gar nicht typisch für mich, von heute auf morgen ein Haustier anzuschaffen. Und überaus vernünftig war das bestimmt auch nicht, denn wir haben weder Garten noch übermäßig viel Platz. Aber da sitzt sie nun neben mir auf der Fensterbank und schnurrt friedlich vor sich hin. Ab und zu pfotet sie nach einer kleinen Schnur, die von der Decke herab hängt und rollt sich vergnügt auf den Rücken. Man könnte sagen, sie hat Spaß. Bin ich froh, dass uns der nicht entgangen ist!


Bild:  Julien Christ  / pixelio.de

1 Kommentar:

  1. Ach meine liebe, wie Recht du doch mit deinen Sätzen hast.
    Viel öfter sollten wir unseren kleinen Pessimisten überwinden und mehr Optimist sein.
    Gestern beobachtete ich zwei Kinder am Brunnen. Flink flogen die Kinderhände in das kühle Nass zum Planschen. Und natürlich waren am Ende nicht nur die Hände nass. Mein erster Gedanke war natürlich der eines Pessimisten. Erkältung, Fieber, Blasenentzündung... Und die beiden Zwerge, die rannten um den Brunnen, jauchzend vor Freude in der Sonne.
    Als kleine Kinder sind wir wahrscheinlich noch alle Optimisten dachte ich in dem Moment, und beobachtete die Mutter welche mit den beiden schimpfte :-)

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