Freitag, 1. August 2014

Schweden Tag Vier

Unseren letzten Tag in Schweden verbrachten wir hauptsächlich mit Autofahren und Suchen nach einem Ort zum Kampieren (So eine spontane Hippie-Tour ist nicht nur aufregend schön, sie kann auch andere Gesichter haben). Doch sogar dieses zähe Fahren hat einen Sinn gehabt. Denn wären wir nicht auf verschlungenen Pfaden auf der Suche nach etwas gewesen, hätten wir vermutlich nicht den Steinkreis gesehen, der plötzlich am Straßenrand auftauchte.

 
 
Mein Mann war es, der ihn entdeckte und mit einer Vollbremsung anhielt. Überwuchert von hohem Gras und Brennesseln konnte man leider nicht in seine Mitte gelangen. Aber von außen war er sehr gut erhalten. Ich strich um ihn herum wie die Katze um die Milch. Nein, kein Durchkommen und auch keine sichtbaren Spuren von Besuchern. Später las ich im Internet, dass Schweden voller Steinsetzungen ist und es auch einige sehr Berühmte ganz in der Nähe unserer Aufenthaltsorte gegeben haben musste. Nunja, wir hatten den wahrscheinlich unpopulärsten gefunden. So unpopulär wie auch unsere Art zu reisen es war. Gleich und gleich gesellt sich gern. Dankbar für diesen Zufallsfund erwiesen wir dem Kreis unseren Respekt und legten ein paar Gaben für die Geister des Ortes auf einem der Steine ab. Unpopulär, aber beflügelt ging es weiter Richtung Meer.
 
Am frühen Abend strandeten wir endlich in einem kleinen Ort an der Westküste. Dort ist das Landschaftsbild schon wieder ein völlig anderes. Es ist rauer hier, nordischer. Ein bisschen wie Irland. Große, polierte Granitfelsen ragen aus dem Meer hervor. Statt im Sand sonnt man sich hier auf warmen Steinplatten. Oder man geht auf ihnen spazieren, was ich persönlich sehr liebe. Zwischen den Steinen entdeckt man immer wieder Muscheln und kleines Strandgut. Es gibt viele Inseln, Fischerdörfer und Seehunde. Unser Strand war umsäumt von Naturreservaten, die man jederzeit durch ein kleines Holztürchen betreten konnte. In ihnen lagen Findlinge inmitten blühender Heide und Pinienbäumen. Etwas weiter weg kuschelte sich ein rotes Holzhaus in die großen Felsen. Am Abend -wie könnte es auch anders sein- brannte dort ein kleines Feuer auf der Veranda. Ein älteres Pärchen saß nackt davor. Naturburschen durch und durch, diese Schweden, dieses sympathische Vorurteil hatte sich bestätigt. Vermutlich verlebten sie dort ihren Sommer. Oder noch besser -sie verlebten dort ihr ganzes Leben! Was für Glückspilze...

 



An der Westküste tobt mehr Leben in der Natur, es ist nicht so still, wie wir es an den Smålander Seen erlebt hatten. Zwischen den Steinbrocken im Meer glitten von Zeit zu Zeit Kanuten vorbei. In unserer Nähe saßen Familien und Freunde mit ihren Klappstühlen auf den Steinen und picknickten. Sie wirkten sehr entspannt auf uns, wie übrigens fast alle Schweden, die wir im Urlaub getroffen haben. Süden und Norden liegen eben manchmal sehr nah beieinander. Einige von ihnen sprangen ohne Angst von den Steinen ins tobende Meer. Lebendig und prustend zogen sie sich danach wieder an Land und wurden von ihrer Sippschaft mit einem Umtrunk begrüßt.

 
 
Die Meeresluft hatte uns hungrig werden lassen und so machten wir uns zu Fuß auf den Weg zu einem Restaurant. Dank moderner Navigation mussten wir nicht lange suchen und saßen schon bald mit Blick auf die Küste vor dampfenden Tellern. Ich gönnte mir einen Fisch aus der Region und ließ meinen Blick über die schwedischen Grundstücke streifen. Holzhäuser soweit das Auge reicht, häufig mit Veranda, oft mit Gemüsebeeten und Kleintierhaltung. Hühner gackerten in einem Hof, Ziegen meckerten in einem anderen. Nicht wenige hatten das Glück, einen Granitfelsen im eigenen Garten zu haben. Perfekter Ort für morgendlichen Yoga, meiner Meinung nach. Die schwedische Fahne thront in vielen Gärten, hier ist man stolz auf sein Land. Ich musste immer an Michel aus Lönneberga denken, wenn ich diese hohen Stangen sah, mit ihrer goldenen, zwiebelförmigen Spitze obendrauf. Michels Mutter hisste jeden Sonntag die schwedische Fahne. Und einmal hisste Michel statt der Fahne seine kleine Schwester Ida. Die wollte sich ihre Heimat Katult einmal von oben ansehen. Kann ich gut verstehen, diesen Wunsch. Schweden aus 10 Meter Höhe wäre bestimmt auch einen Blick wert...

Auf dem Rückweg kamen wir an einem Überbleibels des Midsommar-Festes vorbei, das hier Ende Juni gefeiert wird. Eine Midsommar-Stange thronte neben einer Eiche, die bestimmt schon viele Feste solcher Art gesehen hatte. Die Blüten und Blätter, mit denen die Stange traditionell geschmückt wird, waren zu rötlichem Laub vertrocknet. Aber man konnte sich noch sehr gut vorstellen, wie hier vor einem Monat getanzt und gefeiert wurde. Vor meinem inneren Auge sah ich blonde offene Haare mit Blumenkränzen und bunten Bändern an den Kleidern, Geigenspieler und Midsommar-Feuer. So suggeriert es uns Ikea und so findet es hoffentlich auch noch hier und da statt. Unsere drei Motorradfreunde vom See hatten uns jedenfalls bestätigt, dass die alten Feste in Schweden noch sehr lebendig wären. Nicht mehr so traditionell zwar, aber immerhin würden sie noch regelmäßig zelebriert. Für mich steht fest, dass ich zu Jul oder Midsommar unbedingt einmal zurückkommen muss.


 
Zurück auf den Felsen war es auch schon wieder dämmrig. Zeit für unser Sonnenuntergangsritual. Ab in die Liegestühle und staunen! Im Abendrot flogen Gänse und Möwen zu kleinen Inseln in der Nähe. Als die Sonne im Meer versank, begannen sie zu kreischen und zu schreien, als wollten sie ihr ein leidenschaftliches Lebewohl und Dankeschön zurufen.



 
 
Am nächsten Morgen beobachteten wir, wie die Schweden einzeln oder in kleinen Gruppen zurückkehrten zu ihren Felsen. Sie zogen sich aus, sprangen in die Wellen, tauchten unter,  kuschelten sich in einen Bademantel, plauderten eine Weile und kraxelten dann wieder zu ihren Häusern zurück. Echte Wikinger, diese Schweden, schon am frühen Morgen ab in die Wellen und keine Angst vor der rauen See.
 
Ganz in der Nähe hatte sich eine Gymnastikgruppe versammelt. Frauen jeden Alters bewegten sich im Kreis zu schwedischer Volksmusik. Mir wäre das unangenehm gewesen, wenn mich Touristen dabei beobachtet hätten. Aber nein, freundliche God morgon!, als wir uns verschämt an ihnen vorbeischleichen wollen.
 
Hier, an der rauen Westküste, fühlte ich mich auf Anhieb so wohl, dass ich am liebsten noch ein paar Tage länger geblieben wäre. Aber es wurde Zeit für die Rückreise und so verließen wir die Küste schon am Vormittag Richtung Süden.
 

 

5 Kommentare:

  1. Du schreibst das sehr schön und die Bilder sehen auch toll aus.
    Ich hab jetzt Fernweh und will auch mal nach Schweden...

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  2. Lieben Dank, Sab. Das musste nach diesem Urlaub einfach mal raus vor lauter Begeisterung. Schweden kann ich nur jedem empfehlen. Zumindest zur warmen Jahreszeit. Wie es im Winter, Frühling, Herbst ist, kann ich (noch) nicht sagen... Aber ich wette, auch ganz toll ;-)

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  3. Ach ich möchte so gerne mal nach Schweden. Traumhafte Bilder, da bekomme ich gleicj fernweh!:)

    Liebe Grüsse
    Nicky

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  4. Wunderschöne Bilder, vielen Dank fürs Teilen! Da muss man doch Schweden glatt auch nochmal auf die Reiseliste setzen... Vor allem mit Wohnmobil.

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  5. Ganz wundervoll und so atemberaubende Bilder mal wieder. Vielen lieben Dank für´s Mitnehmen, einen solchen Urlaub in Schweden könnte sogar ich mir vorstellen :)

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