Donnerstag, 31. Juli 2014

Schweden Tag Eins

Es ist bereits Hochsommer und endlich konnte auch ich einen kleinen Urlaub mit meinem Liebsten verbringen. Viel Zeit hatten wir nicht: 5 Tage und das große Bedürfnis, rauszukommen aus der Stadt, mal etwas ganz Anderes zu sehen als das Altbekannte und Alltägliche. Spontan entschieden wir uns für eine Reise mit Maude, unserem altersschwachen VW Bus. Den hatte mein Mann schnell und provisorisch vom Transporter zum Wohnwagen umgebaut: Pressspanplatte rein, Matratze drauf, den halben Haushalt untendrunter. Fertig.
 
So machten wir uns auf den Weg nach Schweden, wo angeblich die Sonne scheinen sollte, ganz im Gegensatz zu Resteuropa. Vorfreude machte sich breit: Bisher waren wir noch nie oberhalb von Dänemark gewesen. Schweden war Terra Incognita für uns. Was würde uns wohl erwarten? Bären, Elche, dunkle nordische Urwälder? Voller Neugier und Entdeckerlust brummten wir am frühen Abend mit Maude gen Norden.
 
 
Im Sonnenuntergang verließen wir auf der Fähre nach Dänemark unser Land. Fehmarn verschwand im warmen Rot des Abendhimmels. Schau mal, Frau Holle backt Brot! Wann hatten wir zuletzt einen Sonnenuntergang beobachtet? Richtig beobachtet, bis der glühende Feuerball mit dem Horizont verschmolz? Das ist lange her. Viel zu lange. Dabei ist genau das eines der Dinge, die Sterbende bereuen, in ihrem Leben nicht oft genug getan zu haben. Nun, wir sollten in den kommenden Tagen noch häufig Gelegenheit dazu bekommen.
 
Dänemark durchfuhren wir in der Dunkelheit der Nacht. Am nächsten Morgen wachten wir an der Küste Schwedens auf. Ich weiß noch genau, wie schön der Ausblick aus dem Fenster war: Um uns herum nur Weizenfelder, mümmelnde Kaninchen, Gänserufe aus dem hohen Gras, schnaubende Pferde auf der Weide nebenan, kein Mensch weit und breit. Und der Geruch von Meer in der Luft. Schweden. Natur. Wir sind da.

 
 
Ich weiß auch noch genau, wie muffelig ich an diesem Morgen (und nicht nur an diesem) war: Kein Frühstück, kein Klo, keine Dusche... Die Luxusgüter der Zivilisation fehlen mir am Anfang solcher Abenteuerreisen regelmäßig stark. Ich stelle mir das ähnlich vor wie beim Heilfasten: Zuerst einmal rebelliert der Körper und der Geist gegen den Verlust von Gewohntem, man neigt zu Gereiztheit, schlechter Laune und Kopfschmerzen. Doch hat man den "Entzug" einmal geschafft...
 
An diesem Morgen wurde ich schnell für meine schlechte Laune entschädigt. Nach hundert Metern querfeldein kamen wir ans Meer. Ein langer Holzsteg führte ins Wasser, hoher Schilf säumte die Bucht und außer uns noch immer keine Menschenseele zu sehen. Also fing dieser erste Tag in Schweden direkt mit morgendlichem Planschen an. Zwar war es sehr seichtes Wasser, das uns maximal bis zur Hüfte reichte. Aber es war eindeutig das Meer. Umgeben von einzelnen Möwenschreien und dem leisen Plätschern der See, setzte ich mich anschließend ins flache Wasser, genau in den glitzernden Lichtkegel der Morgensonne. Mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht machte ich ein paar Yoga-Übungen und genoss dieses atemberaubend schöne Gefühl, wenn der Alltag langsam von einem abfällt. Absolute Stille um mich herum und in mir selbst. Ein wunderbarer Start unserer Reise.
 
Den Rest des Tages verbrachten wir an einem Campingstrand an der Ostküste. Hier trafen sich zwei Naturlandschaften: Wald und Meer. Wir schliefen unter Pinien und waren in wenigen Schritten am Wasser. Was mich sofort beeindruckte, war, dass die Schweden sogar in den Dünen zelteten. Das sah schon stark nach Wildcamping aus und genau das hatten mein Mann und ich in den nächsten Tagen auch vor. Auf einer roten Holzhütte entdeckte ich eine meiner liebsten Märchenfiguren aus Kinderzeiten: Nils Holgersson. Ungefähr hier entstand der Wunsch, einmal im Frühling durch ganz Schweden zu fahren, immer dem Zug der Gänse hinterher, bis nach Lappland.

 
 
Mit einer Flasche Wein saßen wir abends am Strand und sahen unseren zweiten Sonnenuntergang. Mit einer gewissen Distanz zum Alltag und genügend Zeit, so dass sich Lange-Weile einstellen kann, fängt man plötzlich an über Dinge zu reden, die einem unter normalen Umständen doch höchst merkwürdig vorkommen würden. So hielt der Mann an meiner Seite einen minutenlangen, gedankenversunkenen Monolog über die Beschaffenheit von Sand, während ich mich fragte, woher zum Donner meine Angst vor harmlosen Quallen kommt. Unser Ziel war es eigentlich, uns eine clevere Route für die nächsten Tage zu überlegen. Berauscht von 30°C und wichtigen Fragen des Lebens fiel unsere Planung dann ungefähr so aus: Zuerst einmal ins Landesinnere und dann -schau'n wir mal...  
 

1 Kommentar:

  1. Danke für den kleinen Reisebericht und die schönen Fotos! Da kriege ich ja richtig Fernweh. Nach Schweden möchte ich auch sehr gerne mal. Ich bin schon gespannt, was ihr noch so alles gesehen und erlebt habt :-)

    Liebe Grüße,
    Miri

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