Dienstag, 10. Juni 2014

Bilanz gezogen: Ich als Veggie

Meine durchschnittliche Nahrung als Allesfresser bestand einst aus Hack- oder Hähnchenfleisch, Tomaten und Paprika. Viele Gemüsesorten habe ich aus Gewohnheit nicht verwendet. Salat habe ich sehr selten gegessen, weil ich das Waschen im kalten Wasser nicht mag. Kohlsorten wusste ich kaum zu verwenden, genau so wenig Pilze oder Wurzelgemüse. Mein Essen bestand täglich aus deutlich  mehr Fleisch als Gemüse.

Heute ist das fundamental anders. Seit 1,5 Jahren lebe ich nun schon vegetarisch. Ich esse weder Fleisch noch Fisch oder Muscheln. Dafür futtere ich mich durch alle möglichen Gemüsesorten durch. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ich seit Ende letzten Jahres ein Bio-Abo beziehe. Seitdem kommt alle zwei Wochen eine Kiste mit einem bunten Mix an Bio-Gemüse zu mir nach Hause. Dadurch bin ich "gezwungen", das Gemüse zu verwerten, das mich in der Kiste überrascht. Vor allem viele regionale Gemüsesorten habe ich dank dieses Abos kennen, kochen und schätzen gelernt.

Wie geht es mir so fleischlos?

Mir geht es sehr gut mit meiner fleischlosen Ernährung. Ich freue mich über die vielen neuen Gerichte, die ich ausprobiert habe seit es kein Fleisch mehr bzw. seit es so viel mehr Gemüse in der Pfanne gibt. Und über die vielen neuen Geschmäcker, die ich mit Fleisch zusammen nicht richtig bemerkt habe. Ich bin in der Küche viel kreativer und experimentierfreudiger geworden. Ich habe Tofu und Seitan kennen gelernt, viel mit beidem ausprobiert und kann heute behaupten, dass ich es wirklich sehr mag, in all seinen Variationen: pur, gebraten, gedünstet, gekocht, gegrillt -alles sehr lecker.
Ganz selten habe ich noch Verlangen nach Fleisch. Interessanterweise immer dann, wenn ich meine Tage habe. Eisenmangel? Ich versuche mit eisenhaltigen Säften und vermehrt eisenhaltiger Nahrung auszugleichen.
Ekel vor Fleisch habe ich mittlerweile auch. Das wurde mir von Vegetariern schon zu Beginn prophezeit. Allerdings nur bei fettigem Fleisch: Salamipizza, Würste etc.

Und gesundheitlich?

Tja, das ist die ganz große Überraschung für mich. Ich bin ja aus ethischen Gründen in ein vegetarisches Leben gewechselt. Ob das gesundheitlich etwas mit mir macht oder nicht, habe ich mich überhaupt nicht gefragt. Und nun stelle ich fest: Seit ich vegetarisch lebe, bin ich kein einziges Mal mehr krank geworden. Früher hatte ich alle paar Monate mal eine Erkältung, Halsschmerzen, Magen-Darm-Infekte -was auch immer man sich an Bagatellkrankheiten so zuziehen kann in der Stadt. Damit habe ich schon ewig nichts mehr zu tun gehabt. Ich habe überlegt, ob es daran liegt, dass ich deutlich mehr Vitamine zu mir nehme oder ob das Fleisch, das ich tagtäglich gegessen habe, vielleicht ungesund war (Billigfleisch? Antibiotika?). Wie dem auch sei, ich finde es großartig, so gesund zu sein!

Wie geht es weiter?

Ich bleibe Vegetarierin und hoffe, auch meine Kinder einmal vegetarisch erziehen zu können. Ich möchte nach wie vor gerne auch das vegane Leben ausprobieren, fühle mich aber noch nicht bereit. Ursprünglich wollte ich bereits Januar 2014 mit veganer Ernährung starten, habe mich aber entschieden zu warten bis ich wirklich fühle, dass es soweit ist. Im Moment ändert sich so viel in meinem Leben, dass ich nicht noch eine Ernährungsumstellung mitmachen möchte.

Und die Leute?

"Die Leute" in meinem Umfeld haben sich daran gewöhnt, dass ich fleischfressende Pflanze nun so anders lebe. Meine Mutter ist heilfroh, weil sie als Kind mit Fleisch gemästet wurde und es nie geschafft hat, ihre Familie mit Gemüsegerichten zu begeistern. Mein Vater hat es auch endlich verstanden und kocht vegetarisch, wenn ich zu Besuch komme. Er findet es sogar ganz spannend, mal was Neues zu probieren. Mein Mann isst nach wie vor Fleisch, aber das stört mich (noch?) nicht. Ich möchte ihn weiterhin so lassen, wie er ist. Wenn ich fleischlos koche, isst er aber gerne mit und findet es auch lecker. Andere Leute in meinem Umfeld habe ich sogar anstecken können. Mein Bruder ist mittlerweile vegetarisch, genau wie die Schwester meines Mannes. Ganz ohne Zureden kam das, plötzlich wollten sie auch.
Mich stört es auch nicht mehr so sehr, was andere vom Vegetarismus halten. Allerdings hatte ich auch schon lange kein Gespräch mehr mit Menschen, die Vegetarier nicht verstehen können.
Wenn ich eine Doku über Massenhaltung und die Folgen des Fleischkonsums für unser Ökosystem sehe, werde ich nach wie vor sehr traurig und wütend. Dann schwinge ich mich zu Größenwahn auf und möchte am liebsten ein Dogma vegetarischer Ernährung über die Menschheit verhängen ;-) Aber im Alltag kann ich meine Mitmenschen gut lassen, wie sie sind. Ich möchte auf keinen Fall jemandem seine Ernährung vorschreiben. Eine Umstellung zu vegetarischem Leben sollte meiner Meinung nach von innen kommen, damit sie Bestand hat. Allerdings fände ich Aufklärung in Schulen und in den Medien sehr wichtig und erstrebenswert.

So sieht es aus! Ich futtere mich also weiter durch Karotten, Spitzkohl und Auberginen und ich steh drauf! Und Ihr?

1 Kommentar:

  1. Ich hatte das Problem mit der Kochumstellung glücklicherweise nicht, da ich noch bei meinen Eltern wohnte, als ich Vegetarierin wurde, und die Küche da Sperrgebiet war. Das zog dann natürlich längere Diskussionen nach sich, da sich meine Mutter angeblich umstellen musste (die aber auch einfach ein Schnitzel weniger hätte machen können, ich ess gern einfach nur die Beilagen!). Es sit noch heute so, dass sie keine Ahnung hat, wie sie vegetarisch kochen kann, ohne ein Sojaschnitzel zu kaufen oder eine Tofuwurst in den Eintopf zu schnibbeln - Freunds Mutter wenn ich zu Besuch bin ebenso. Für die ist Fleisch so elementar in einem Gericht, dass man für Vegetarier halt ein Ersatzprodukt nutzen muss...

    Wegen dem Heißhunger: Ich bin jetzt seit 12 Jahren Vegetarier, davor hatte ich permanenten Eisenmangel. Seitdem nicht mehr - ich weiß nicht ganz, woran das liegt, habe aber das Gefühl dass man das Eisen bei vegetarischer Ernährung einfach besser aufnimmt. Vielleicht ist es eher der Hunger auf was herzhaftes mit hohem Brennwert?

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