Dienstag, 14. Januar 2014

Straßenaltare

 
Etwas, das ich an der indischen Kultur sehr bewundere und was ich mir hier in der Stadt auch wünschen würde, sind Straßenaltare. Ich stelle es mir schön vor, auf dem Weg zur Arbeit dort ein paar Blumen abzulegen, kurz inne zu halten und das erneut, wenn ich zurück komme. Eckpfeiler, die den Alltag rhythmisieren und die mich erden in dem ganzen weltlich-verkopften Klamauk um mich herum. Aber nicht nur zuhause im stillen Kämmerlein, sondern draußen, zusammen mit anderen Menschen, wo es ein ganz selbstverständlicher Teil des Alltags ist. Der Gemüsehändler von nebenan zündet dort ein Räucherstäbchen für seinen Laden an, die Geschäftsfrau wirft Reiskörner in die Gabenschale und murmelt ihr Gebet für den Tag. Hach, es wäre so schön, wenn ein Gang zu einem Straßenaltar so normal wäre wie der Gang in die Kirche -ich korrigiere: wie der Gang zum Supermarkt oder zum Geldautomaten.

Nicht, dass es in Hamburg gar keine solcher Orte gäbe...

Vor dem Völkerkundemuseum bin ich erstmals fündig geworden. Dort stehen zwei große hinduistische Altare, die anscheinend auch besucht werden:


Ebenso gibt es einen kleinen Ganesha-Altar vor der Bibliothek im Völkerkundemuseum, an dem Studenten Geldstücke ablegen können, wenn sie sich auf eine Prüfung vorbereiten. Und das tun sie auch, die Figur ist über und über mit Geldstücken geschmückt.
 
Im Botanischen Garten steht ein Altar, den ich euch im Sommer bereits gezeigt habe:


Streng genommen kann man ihn zwar nicht "Straßenaltar" nennen, weil er ziemlich versteckt in einem Park steht, aber immerhin ist er draußen, in der Öffentlichkeit, und er wird genutzt, wie man sieht.
 
In Berlin habe ich auch eine Art Straßenaltar entdeckt. Im Schlosspark Charlottenburg stand hinter einer Wegbiegung die Büste der Königin Luise von Mecklenburg. Jedes Mal, wenn ich dort vorbei kam, war sie wieder neu geschmückt worden, mit Blumen und Beeren, Eicheln und Federn. Wunderschön. Ich weiß nicht, ob die Berliner einfach nostalgisch auf diese Monarchin zurückblicken oder ob sie womöglich doch mehr als nur eine berühmte Frauenfigur in ihr verehren....
 
http://de.wikipedia.org/wiki/Luise_von_Mecklenburg-Strelitz
 
 
Es gibt sie hier also schon, die Straßenaltare, die auch ab und an besucht werden. Und es gibt natürlich auch viele Orte, die man selbst zu Altaren machen kann. Selbstverständlich ist gerade für naturreligiöse Menschen ein Altar aus Stein o.ä. gar nicht unbedingt nötig, jeder Baum kann zu einem lebendigen Ort des spirituellen Ausdrucks werden. Wenn ich mir vorstelle, es gäbe im Park einen Baum, in den jeder seine Wunschbänder knüpft oder zu dessen Füßen die Spaziergänger kleine Gaben ablegen...Das wäre ebenso befriedigend für mich. Natürlich habe ich auch meine eigenen spirituellen Plätze da draußen. Aber ich wünsche mir ein Gemeinschaft-Werk, einen Straßenaltar, der nicht einsam ist, sondern belebt, so wie früher die Bäume auf Dorfplätzen oder an Weggabelungen. So einen Ort in meiner Nähe würde ich gerne initiieren und darauf hoffen, dass er von ähnlich Gesinnten angenommen wird. Vielleicht möchte ja jemand von euch mitmachen oder interessiert sich für den Ort, den ich auswähle?
 
Wie sieht es in eurer Stadt/ eurem Dorf aus? Gibt es spirituelle Orte, die nicht nur von euch alleine besucht werden? Würdet ihr auch gerne einen Straßenaltar ins Leben rufen und wie müsste der idealerweise aussehen? Ich freue mich auf euer Kopf-Kino :-)

13 Kommentare:

  1. Sei gegrüßt, liebe Maren!

    Was für ein schöner Post. Ich finde vor allem die Budha-Statue wunderschön und wurde sofort ganz ruhig und gerührt bei dem Foto. Doch auch die geschmückte Dame, die so liebevoll verziert wurde und andächtig die Lider senkt, hat mich inne halten lassen. Leider habe ich so einen Altar in meiner Stadt noch nie erblickt - hoffentlich finde ich noch einen! Dir erst einmal danke und mach weiter damit, uns zu erfreuen. *zutraulich mauz*

    Schnurrende Grüße,
    deine Katzenwölfin

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    1. Vielen Dank, liebe Katzenwölfin! :-) In welcher Stadt lebst du denn? Viel Glück wünsche ich dir beim Finden!

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    2. Liebe Maren,
      ich wohne im schönen Norden in der Hansestadt... nein nicht Hamburg, sondern Bremen :) Ich bewundere deinen Blog - schönes Layout und schon so viele Leser und Kommentare *umschau und schnüffel* Ich komm öfter her, mir gefältl es!
      Danke dafür.

      Deine Katzenwölfin

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  2. Hi. :) Welch eine wunderschöne Idee, hast du schon einen Platz im Kopf?
    Ich weiß gar nicht, was ich dazu noch schreiben soll, auf jeden Fall finde ich solche Orte im öffentlichen Raum bezaubernd und wünsche dir, dass es so klappt, wie du es dir vorstellst.

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    1. Spontan würde ich sagen, ich suche mir einen Baum im Planten Un Blumen, einfach, weil er in meiner Nähe liegt. Es müsste allerdings eine Stelle sein, die nicht ganz so bevölkert wird... Aber zentral genug, damit der Ort lebendig bleiben kann. Friedhöfe wären sicherlich auch eine Möglichkeit, da man dort auch mal seine Ruhe haben kann. Ist aber vielleicht wieder ZU einsam dort. Ich muss wohl auf die Suche gehen!

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    2. Planten un Blomen heißt der Park, nicht "Blumen" (Autokorrektur...) Und lieben Dank für deine guten Wünsche!

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  3. hach, bei uns aufm Dorf gibts das nicht (was aber nicht heißt, dass es so bleiben muss). Abe rin Dresden miiien in der Innenstadt gibts einen Ort, der zu sowas werden könnte. Da wurde vor zwei Jahren eine Labyrinthstele aufgebaut, von einer Künstlerin gestaltet, die einlädt zum Innehalten und zum Labyrinthnachzeichnen.
    http://rabenschwatz.blogspot.de/2013/06/kraftorte-verweilorte.html

    Liebe Grüße von irka

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  4. In Hamburg auf einem Spielplatz bei mir um die Ecke steht ein buddhistischer Schrein. Inklusive Butterlämpchen und Gebetsglocke. Wunderschön. :-)

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  5. Ich würde mir etwas schon sehr wünschen und wüsste sogar zwei, drei geeignete Orte in der Umgebung. Wenn man nicht im Dorf krumm angeguckt werden würde - oder noch schlimmer - man befürchten müsste dass freche Kinder etwas kaputt machen, dann würd ich's vielleicht sogar beginnen...

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    1. Ja, das ist auch eine meiner Ängste. Deshalb bin ich auf der Suche nach einer Stelle, die versteckt genug liegt, so dass ich mich traue...

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  6. Hmm, ich hätte da zu viel Angst, dass der kaputt gemacht wird (bin da irgendwie negativ vorgeprägt, z.B. weil ich früher oft auf alten Friedhöfen in Berlin unterwegs war und über die Jahre mitbekommen habe, wie da mehr und mehr Vandalismus zu sehen war, bis irgendwann fast jede alte Grabstelle oder Figur zerschlagen, bemalt oder gestohlen war, ein Metallengel hat sogar einen Kopfschuss bekommen...). Es erstaunt mich positiv, dass die von dir gezeigten Altare so lange standhalten (und dass das Geld dort nicht gestohlen wird!). Andererseits gibt es ja hier wo ich jetzt wohne auch zwei offene Bücherschränke, die sich ganz gut halten. Vielleicht ist es hier einen Versuch wert. Ich werd mal die Augen offen halten, ob ich eine geeignete Stelle entdecke.

    Was mich immer wieder freut, sind aber kleine Opfer oder Überreste von Ritualen (oder was auch immer da gemacht wurde...) also, wenn man plötzlich keltische Muster und ein paar aufgeschichtete Eichenblätter am Strand findet, eingepflanzte Blümchen hinter einem germanischen Steingrab, einen selbstgebauten Minidolmen auf nem Berg etc. Das ist einfach überraschend, und man fühlt sich irgendwie eingeweiht, weil man weiß, dass andere Spaziergänger das vermutlich nicht bemerken oder als etwas spirituelles interpretieren. =D

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    1. Ja, genau so geht es mir auch, wenn ich solche "Überreste" finde! Ich hab dann immer ein ganz verschwörerisches Lächeln um die Mundwinkel herum ;-) So geht es mir zum Beispiel mit bunten Bändern, die in Frühlingszweigen im Park hängen. Ich muss dann einfach stehen bleiben und den Busch anstrahlen -keine Ahnung, was die anderen Spaziergänger in dem Moment von mir denken :-D

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