Montag, 30. Juni 2014

Besuch in der Essbaren Stadt Andernach

Dieser Tage habe ich bei einem Kurzurlaub im Rheinland das derzeit wohl größte Urban Gardening Projekt Deutschlands besucht: Die "Essbare Stadt" Andernach. Um die mittelalterliche Stadtmauer herum ist in den letzten Jahren eine Gartenlandschaft mit Gemüse- und Obstanbau entstanden, aus der sich die Bewohner Andernachs nach Belieben bedienen können. Andernach möchte mit diesem Projekt die öffentlichen Grünflächen mit einem neuen Nutzen versehen, die Natur in die Stadt zurückholen und wieder für alle erfahrbar machen. Ich finde, das ist ein ganz vorbildliches Konzept und ich hoffe, viele Städte lassen sich hiervon inspirieren.
 
Ein paar Impressionen:
 
Hopfenanbau an der Stadtmauer
Alles ist frei begehbar und in einem sehr guten Zustand. Man sieht, dass die Anwohner das Projekt mit Respekt behandeln und gut annehmen. Ich habe kein einziges "ausgeschlachtetes" Feld gesehen. Stattdessen scheinen vor allem die Besucher sich nicht recht zu trauen, etwas mitzunehmen, obwohl Andernach mit dem Slogan "Pflücken erlaubt statt Betreten verboten" wirbt.

Weinanbau


Kompost mit Zucchinipflanzen
Vor allem regionale Gemüsesorten wie Zwiebeln, Kohl, Wirsing, Salat habe ich entdeckt. Aber auch exotische Obstsorten wie Feigen und Pfirsiche werden angebaut.


Kohl säumt den Weg



 
Und dann plötzlich auch noch das: Hühnergeschnatter! In einem ehemaligen Stadtgraben laufen scharrend und gurrend ein Hahn samt acht Hennen umher. Viel Platz haben sie und schön natürlich haben sie es. In der Mitte ihres "Geheges" hat man ihnen einen Streifen wild wuchernder Brennnesseln stehen lassen, damit sie sich vor Touristenaugen schützen können und einen natürlichen Rückzugsort haben. Und wirklich: Sobald ein Huhn in die Nesseln läuft, ist es kaum noch auszumachen. Eine schöne Idee. Zum Glück sind die Hühner aber auch schon deshalb etwas geschützter vor Menschen, weil sie unten im Graben hausen und die neugierigen Betrachter nur von einer Brücke und der deutlich höher gelegenen Straße zu ihnen herunterschauen können. Plötzlich kommt ein Anwohner mit dem Rad vorbei. Er hält an und zückt eine Papiertüte: Put, put, put, put, put! Sofort rast die Hühnerschar zur Brücke und fängt an wie wild die Brotkrumen aufzupicken, die der ältere Herr ihnen hinabgeworfen hat. Und schon sitzt er wieder im Sattel und radelt davon. Die Andernacher scheinen ihre neuen Haustiere zu lieben.
 
Alles in allem kam mir der Besuch in Andernach wie eine Reise ins Mittelalter vor und es hat mir sehr gut gefallen. Ich fände es begrüßenswert, wenn sich solche Projekte fortpflanzen und auch andere, vielleicht sogar größere Städte mitreißen würden. Die Vorstellung, dass sich Städte zum Teil wieder selbst mit Nahrung versorgen könnten und nicht mehr auf die Nahrungsmittelindustrie angewiesen wären, begeistert mich. Gleichzeitig würde durch ein solches Projekt die Identifikation mit dem Wohnort gestärkt, ganz zu schweigen von den sozialen Vorteilen: Nachbarschaftsbande können beim Ernten gepflegt und neue Bekanntschaften geknüpft werden. Sogar mitten auf einem Spielplatz habe ich in Andernach Gemüse und Obst entdeckt. Man stelle sich vor...Die Kinder spielen im Sand, während Mütter und Väter das Gemüse fürs Abendessen einsammeln...Und gleichzeitig den Kindern die Jahreszeiten näher bringen...Faszinierende Vorstellung.


 
Bienenhotel in windgeschützter Mauernische

2 Kommentare:

  1. Ach Mensch, hätte ich das gewusst, hätte ich dich auf einen Kaffee eingeladen ... Ich wohne da in der Nähe ... :0)

    Liebe Grüße
    Sjel

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    1. Wirklich? Naja, ich bin bestimmt nicht das letzte Mal da gewesen! Du Glückskind, dann kannst du dort ja öfter mal was ernten gehen ;-)

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