Mittwoch, 19. Februar 2014

Lebensträume

Im Moment gibt es von mir nicht viel zu hören. Ich teile meine Zeit auf zwischen Halbtagsjob, Bewerbungen, Hochzeitsvorbereitungen, Beziehungen pflegen....Außerdem habe ich einen zweiten Blog gestartet, der ein kleiner Schritt auf dem Weg zu meinem Traum sein soll:

Seit ich mit 16 den Weg der Naturreligionen für mich entdeckt habe, habe ich immer wieder einen starken Wunsch verspürt: Mit der Natur so verbunden wie möglich zu leben. Nicht nur in der Freizeit ein paar Stunden im Garten verbringen, sondern mein Leben wirklich mit der Natur zu verbinden, auf möglichst vielen Ebenen.

Ich komme aus einer Familie, in der sich das Leben zu einem großen Teil im Garten abgespielt hat. Als ich klein war, hatten wir neben einem großen Garten zwei Kartoffel- und Gemüsefelder, auf denen wir beim Ernten und Säen geholfen haben. Im Herbst gab es ein Kartoffelfeuer mit Stockbrot und Folienkartoffeln -für mich eine der schönsten Kindheitserinnerungen. Draußen habe ich meine komplette Kindheit verbracht. Ich habe Buden im Heu und auf Bäumen gebaut, Blumenschmuck gebastelt, hatte meinen persönlichen Lieblingsbaum, unter dem ich Schätze vergrub und dem ich meine Sorgen anvertraute, habe im Spätherbst Walnüsse gesammelt und im Sommer Kirschen, Terrarien für Raupen gebaut und zugesehen, wie sie sich in Schmetterlinge verwandelten - ich könnte diese Liste ewig fortführen. Jedenfalls war meine Kindheit und Jugend äußerst naturverbunden und der Weg der Naturspiritualität passte zu mir wie die Faust aufs Auge.

Mein Erwachsenenleben hat mich weg vom Landleben in die Stadt geführt. Zuerst in die Kleinstadt, dann in die Großstadt. Ein Studium folgte auf das nächste, Nebenjobs fand ich auch ausschließlich in der Stadt und so bin ich dort geblieben. Meinen Traum von Naturglück habe ich verschoben, auf "später, wenn die Zeit reif ist", "wenn ich mit der Uni fertig bin", "wenn ich ein paar Jahre gearbeitet habe", "wenn ich genügend Geld für ein Haus im Grünen habe", wenn wenn wenn....

Er war aber immer präsent. In meiner ersten Wohnstadt kam ich regelmäßig an einem verwilderten Gartengrundstück vorbei, auf dem ein Wohnwagen stand. Jemand saß meistens im Klappstuhl davor und schnippelte Gemüse. Jedes Mal seufzte innerlich etwas in mir. Ich beneidete diesen Mann, der so einfach lebte und doch das zu haben schien, was ich mir wünschte: Ein Fleckchen Erde und seine Ruhe. Selbst konnte ich mir das nicht vorstellen. Was würden meine Eltern sagen, wenn ich statt einer akademischen Laufbahn oder eines soliden Bürojobs beim Sonntagsessen verkünden würde: "Übrigens, ich habe mir einen Wohnwagen besorgt und lebe jetzt auf dieser kleinen Wiese am Waldrand."  Undenkbar. Sie würden antworten: "Du warst schon immer so realitätsfern. Jetzt verbaust du dir dein ganzes Leben." Die Leute würden mich für verrückt, naiv und dumm halten! Und meine Eltern würden sich für mich schämen. Niemals.


Ausschnitt aus meinem Vision Board, das ich an Silvester gebastelt habe <3

Später waren es dann hauptsächlich Dokumentationen und Spielfilme über sog. "Aussteiger", die mich faszinierten. Menschen, die einfach so ihr Leben in ländlichen Kommunen oder auf einem eigenen Selbstanbau-Hof lebten. Ich meldete mich in Foren an, die Aussteigerpläne hegten, der Gesellschaft den Rücken kehren und stattdessen auf Reisen oder irgendwo in der Wildnis ihr Glück suchten. Natürlich hat mich auch der Kinoerfolg "Into the Wild" begeistert, gleichzeitig aber auch sehr traurig gemacht. Ob mein Traum von der größtmöglichen Naturverbundenheit tatsächlich nur eine schöne Utopie war, eine unrealistische Illusion? Nein, ich war mir sicher, da gibt es noch einen anderen Weg, weniger drastisch, mehr erfolgsversprechend.

Dann entdeckte ich vor ein paar Jahren den Blog der beiden Österreicher Lisa und Michael, die auf einem Hof im Südburgenland ein Leben als Selbstversorger versuchen. Ganz bodenständig, mit allen Wenn und Aber's vertraut, einen Schritt nach dem anderen gehend, sich nicht überfordernd, aber auch mit einem ansteckenden Optimismus im Gepäck, der Lust macht, es ihnen gleich zu tun. Sofort als ich das erste Mal ihren Blog anklickte, wusste ich, dass ich gefunden hatte, wonach ich mich sehne. Hier paart sich ein Leben in der Natur mit einer großen Neugierde nach dem Selbermachen und Experimentieren UND dem Wunsch, dieses Leben in Gemeinschaft zu leben, nicht als Aussteiger, sondern als Teil der Gesellschaft. Beide verdienen nebenher mit kleinen Projekten ein wenig Geld für zwingende monatliche Ausgaben. Der Großteil ihres Alltags spielt sich aber draußen im Grünen ab, wo sie so viel wie möglich selber machen und eine große Zufriedenheit dabei verspüren. Ihnen ist es auch wichtig, sich nicht selbst zu überfordern. Sie entdecken das Selbstversorgerleben in kleinen Schritten und lernen aus ihren Fehlern.

Tja, wer einmal auf ihrer Homepage war oder sich ihren Film angesehen hat, hat so ziemlich genau das vor Augen, was ich mir selbst für meine Zukunft wünsche. Ein Grundstück zum Selbstanbauen, wo ich im Rhythmus der Jahreszeiten meine Tage mit Säen, Pflegen, Ernten und Verarbeiten gestalten kann. Nicht alles wird immer schön sein, vieles ist gewiss anstrengend und von Rückschlägen geprägt. Aber ein Leben ohne Anstrengung ist auch nicht das, was ich anstrebe. Sondern ein Leben mit einer Tätigkeit, die mich glücklich macht. Und das würde mich glücklich machen.

So sieht also mein Traum aus. Nun stehe ich an der Schwelle, ihn verwirklichen zu können. Mein Partner spricht schon lange davon, sich mit mir eine Wohnung oder ein kleines Haus mit Garten suchen zu wollen. Ich selbst habe begonnen, erste Selbstversorger-Schritte bereits in meiner Stadtwohnung ohne Garten zu gehen. Wieso warten? Ich weiß aber auch, was mich bisher davon abgehalten hat, es wirklich zu versuchen: Die Sorge um das Geld und die Angst, was "die anderen", vor allem meine Familie, zu meinem unkonventionellen Leben sagen könnten. Wenn ich keinen festen Job habe, sondern Jobs "nebenher", ui, das würde sie in ständige Sorge versetzen. In mir selbst spüre ich natürlich auch diese Ängste, den Anschluss an unseren Arbeitsmarkt zu verpassen, keine Sicherheiten zu haben usw. Und gleichzeitig weiß ich, dass Menschen mit einem gesunden Vertrauen ins Leben erfolgreich ihre Ziele erreichen und Wege finden, Probleme zu lösen. Dieses Vertrauen ist mir aber nicht gerade in die Wiege gelegt worden.

Was nun tun, wo ich doch das Glück habe, zu wissen, was ich gerne mit meinem kurzen Leben anfangen möchte, was mich glücklich machen würde? Immer wieder lese ich in Büchern und auf Selbstfindungs-Blogs Sätze wie "Warte nicht, bis es zu spät ist, verwirkliche heute deine Träume." In der Realität finde ich das sehr schwer. Erst recht, wenn man aus einem eher konservativen Umfeld stammt, dem Sicherheit, ein geregeltes Einkommen und finanzielle Unabhängigkeit über alles geht. Ich habe mich in den letzten Jahren immer mehr davon distanziert. Aber die alten Ängste sitzen dennoch tief. Alte Glaubenssätze und Werte einfach so ablegen ist nicht meine Stärke.

Wie geht ihr mit euren Träumen um? Lebt ihr sie oder schiebt ihr sie auf? Wovor habt ihr Angst? Wie geht ihr dagegen an?


7 Kommentare:

  1. Wenn ich deinen Beitrag lese, dann bekomme ich das Seufzen, denn in vielen Gedanken finde ich mich wieder.
    Wir sprechen auch immer von "später" und noch ist die Angst zu groß, nicht "versorgt" zu sein.
    Aber irgendwann ist es Aufhebung uns soweitmit dem Häuschen im Grünen und dem "Vagabundenleben"
    Liebe Grüße
    Sjel

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    1. Ich drücke euch die Daumen, dass ihr den Sprung schafft! Ich habe beschlossen, es zu wagen -vielleicht nicht direkt 100%, aber zumindest beginne ich :-)

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  2. Das klingt so sehr nach mir.... Ich möchte zwar kein Vollzeitselbstversorger werden, aber ich möchte von meiner Musik leben, und nebenbei eben viel reisen (und mich auf den Reisen eben auch von meiner Musik "ernähren"). Raus aus der Sicherheit eines Festvertrages. Das ist nicht einfach. Ich habe auch Angst es nicht zu schaffen, Angst den Anschluß an den Arbeitsmarkt zu verlieren, Angst einen festen Job sausen zu lassen um einen Sprung ins Ungewisse zu machen. Andererseits macht mich mein Job in letzter Zeit krank, und ich weiß daß ich ihn niemals bis zum Schluß durchziehen kann. Was nutzt also die Sicherheit eines Jobs, wenn man dadurch krank wird...

    Es ist wirklich nicht einfach das Ganze in der Realität durchzuziehen. Aber ich möchte auch nicht immer "später, später" sagen und alles aufschieben. Je mehr Aufschub, desto schwerer wird es.

    Allerdings habe ich jetzt absolut keinen Tipp, wie man den letzten Schritt schaffen kann.

    Ich drücke dir die Daumen auf deinem Weg!!
    Ist dein Partner denn von der Idee auch so begeistert?

    Beste grüße,

    Kivi

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    1. Danke Kivi! Es ist schon verrückt, zu hören, wie viele Menschen so einen "Traum" haben und sich nicht trauen, ihn zu verwirklichen. Deiner klingt auch wunderschön, aber sicher auch nicht leicht zu verwirklichen. Andererseits ist es auch nicht leicht, einen Job behalten, der einen krank macht! Und ich sehe das genau so, was nutzt einem ein Job, wenn die eigene (physische oder psychische) Gesund dabei zerstört wird...!

      Vielleicht muss man auch die ängstliche Seite in sich annehmen und ihr eine Art Kompromiss vorschlagen...sie fragen, unter welchen Voraussetzungen sie bereit wäre, den Sprung zu wagen. Vielleicht kommt dabei heraus, dass man sich erst einmal eine kleine Sicherheit beibehält, aber trotzdem schon einen Schritt ins Ungewisse macht. Dann kann sie sich möglicherweise dran gewöhnen und schrumpft mit der Zeit...

      Ich drück dir auch die Daumen und vielleicht erzählst du mal, wenn du deinen Traum angehst? Ich würde mich freuen!

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  3. Ich wurde vor genau einem Jahr gezwungen meine Sicherheit zu verlassen. Den guten Job, den ich mir über Jahre erarbeitet hatte, meine Position, mein Einkommen. Und dass wo mein Mann und ich 12 Jahre lang in derselben Firma gerbeitet hatten, wo wir uns auch damals kennen- und lieben lernten. Die Welt brach zusammen und ich wurde depressiv.
    Heute sind wir selbständig in derselben Branche und es ist ganz sicher alles andere als leicht oder sicher. Aber: Ich bin jetzt frei und ich bin glücklich.
    Seit ein paar Monaten weiß ich wieder wer ich eigentlich bin, wohin ich will und ich lebe wieder. Wir beide tun das! Reicht die Antwort? ;-*

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    1. Ach, das klingt so schön, athena! Du warst sehr mutig, das bewundere ich immer wieder. Ich höre oft von Leuten, die den Sprung in die Selbständigkeit gewagt haben, dass natürlich auch dort nicht alles eitel Sonnenschein ist, aber dass sie dafür einen wesentlichen Pluspunkt haben: Selbstbestimmung. Das kann ich seeehr gut nachempfinden. Echt schön, dass du dadurch auch persönlich so viel gewonnen hast!
      Vielen Dank für deine motivierenden Worte! <3

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    2. Nun ja, wie gesagt... Ehrlicher Weise muss ich halt einräumen dass ich´s nicht wirklich freiwillig gemacht habe... ;-)

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